(Danke Mutta :)…)
Blumen umgepflanzt, auf Vulkan geklettert, Holzfußboden auf Balkon verlegt, Stadtführung übersetzt, gebadet im See, Shakespeare gelesen, Fenster geputzt, Freunde besucht, durch Schlamm gewandert und im Wald verlaufen…was man nicht alles schafft in einer Woche!
Ein jubelndes und strahlendes HALLO an diesem verregneten Vormittag meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen, ich habe Euch vermisst!
Mit zittrigen Fingern begann ich am Sonntagabend meine internetfreie Woche begleitet von herzlichen Wünschen, skeptischen Wahrsagungen und gutgemeinten Ratschlägen. „Dann bis morgen!“ riefen die Skeptiker. „Ohje ohje!“ schnieften die Gläubigen. Ein kurzer Knopfdruck und mit dem verglimmenden Monitorlicht begab ich mich auf die Reise ins Mittelalter. Ade, geliebte Welt, vergiss mein nicht…
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Seufz.
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SO EIN QUATSCH!! Es war überhaupt nicht so dramatisch, ehrlich, ich frage mich, warum wir das nicht alle mal machen! Zugegeben, es fing etwas kompliziert an, nämlich damit, dass ich vergessen hatte, die Telefonrechnung noch vorher online zu bezahlen und dafür extra zur Bank musste. Kein Problem, dachte ich.
Schlange! In der Bank! Vor der Kasse! 11 andere Kunden. Es war Montagmorgen und Bine und ich waren auf dem Weg zum Holmenkollen und ich wollte „nur mal schnell bei der Bank reinspringen.“ Nach 5 Minuten war gerade ein einziger Kunde abgearbeitet worden. So nett die Norweger auch sind, sie sind kein Dienstleistungsvolk und der persönliche Kontakt mit einem Bankangestellten erinnert mehr an eine Audienz von Königs Gnaden. Dauert aber länger.
Nach 10 Minuten verließ mich die Geduld und ich beschloss einen erneuten Versuch am Nachmittag. Diesmal gab es keine Schlange! Juchhuuu!
Dafür war das Computersystem zusammengebrochen.
Warum ich denn nicht Internetbanking nutzen würde, fragte man mich. Mein Internet sei gerade unterbrochen, erwiderte ich und erntete mitleidige Blicke.
Am nächsten Tag war ich endlich erfolgreich und Telenor, die norwegische Version von T-Online, um einige norwegische Kronen reicher. An dieser Stelle muss ich zugeben, ganz am Thema vorbei, dass ich immer noch umrechne. Immer noch! Nach über einem Jahr stehe ich also wie damals, in den ersten Tagen, an der Supermarktkasse und überschlage im Kopf, was ich gerade bezahlt habe. Oder im Geschäft, ob ich das wirklich bezahlen will. Die Kronen und ich haben es nicht leicht miteinander. Momentaner Umrechnungskurs ist 7,92 was klasse ist für unseren kommenden Trip nach Hamburg, da ist unser Geld ordentlich was wert. (Stimmt doch, oder? Nee, wieder falsch! IHR müsstet hierher kommen, das lohnt sich gerade. Für uns ist es eher teuer…oder? Ich bin eine derartige Null bei diesen Währungsumrechnungen. Bankkaufleute und Wirtschaftsnerds bitte melden!)
Nach nur drei Anläufen war die Rechnung also bezahlt, eine Aufgabe, für die ich im Internet nur einige Minuten gebraucht hätte. Ähnlich unpraktisch war der ständig ins Hirn poppende Gedanke: „Das muss ich später mal googlen!“ oder „Das google ich mal schnell!“, gefolgt von dem selbstkontrollierenden Gedanken: Ach nee. Aber wenn ich mal ganz ehrlich bin, sind 9 von 10 Dingen in Wahrheit nicht so wichtig wie sie im ersten Moment erscheinen und können guten Herzens für immer ungegooglet bleiben. Ich verstricke mich beim Suchen immer derartig, dass ich nach Stunden im Netz gar nicht mehr weiß, was ich eigentlich wollte. Zeitverschwendung, ganz massiv.
Stattdessen habe ich in der vergangenen Woche das schöne Sommerwetter in Oslo genutzt und bin gewandert. Das wunderbare Buch „På tur i Oslomarka året rundt“ (Ganzjährig unterwegs in der Oslomarka) lockte mit Zielen und Strecken. Ich kletterte also mit 20 Kindergartenkindern als zufälliger Begleitung auf den Vettakollen, schwamm mit Entenküken im Bogstadvannet und verlief mich ganz gewaltig auf dem Weg zur Tryvannstua und endete ratlos auf einem kaputten Holzsteg mitten im Sumpf. Ein Hoch an dieser Stelle auf den norwegischen Sommer. Er ist nicht oft da, aber wenn, dann wunderschön. Als ich auf der Wiese am Bogstadvannet lag und in Himmel schaute, musste ich einmal ordentlich seufzen vor Wonne: Hellblauer Himmel mit ein paar Wattewolken, ein leichter Wind, der die Birkenblätter über mir zum Rauschen brachte und eine strahlende Sonne, die das klare Seewasser glitzern ließ. Mein norwegischer Sommer. Wunderschön.
Leider schon wieder vorbei, es regnet seit Tagen in Strömen. Da hatte ich letzte Woche einfach verdammtes Glück. Plötzlich hatte ich viel mehr Zeit, was natürlich auch daran lag, dass ich nicht arbeiten kann ohne Internet. Statt also Artikel für Ebay oder Hapag-Lloyd zu schreiben, stürzte ich mich auf die noch ausstehende Übersetzung für Freund Ben, aber auch das war ohne meinen guten Kollegen Leo.org schwierig. Überhaupt erschien die Welt wieder viel größer und schwieriger zu erforschen. Gut, es gab Nachrichten und Fernsehen im Allgemeinen, aber die schnelle, problemlose Recherche ist darüber nicht möglich. Für die meisten Artikel habe ich eine ein- bis zweitägige Abgabefrist und da brauche ich die Informationen schnell und gleich und am besten schon gestern. Das Leben wird langsamer ohne Internet. Der Mensch muss also geduldiger werden.
Nicht gerade eine meiner Stärken.
Trotz dieser Tempoverschiebung hatte ich mir die Sache schlimmer vorgestellt. Manche Kontakte finden zwar nur im Internet statt und es war beruhigend zu sehen, dass es auch sozialen Kontakt in der realen Welt gibt. Eine Woche ist vielleicht auch zu kurz, um die Cyberkontakte in Realweltkontakte umzumünzen. Will man das aber auch? Dann wird der Kontakt so …naja….real? Wie dem auch immer sei, ich könnte ohne Facebook leben, das habe ich in der Woche festgestellt. Sofern ich dann eben auf andere Art und Weise Kontakt zu meinen Lieben hätte. Ich sei also noch therapierbar, meinte ein Freund mit Hoffnung in der Stimme.
Klar bin ich als erstes vorgestern auf die Seite von Facebook um zu sehen, was ich verpasst hatte…logisch!!!! Hallooooo? Ich bin es, an-therapiert aber noch nicht umgepolt!
Was kann ich also, für mich ganz persönlich, nach einer Woche internetfreiem Leben sagen?
Es geht nicht ohne.
- Beispiel: Emails sind eine derartig selbstverständliche Art der Kommunikation, dass sie nicht zu lesen wäre, als würde man den Briefkasten im Treppenhaus nicht regelmäßig kontrollieren. Geht nicht.
- Beispiel: Informationen.
- Beispiel: Kontakte.
- Beispiel: Will nicht ohne, weil es lustig ist und außerdem einfach, weil es da ist. (Ein Zitat, das ich in der letzten Woche gelernt habe in einer Dokumentation über den Mount Everest. Auf die Frage, warum man den Berg besteigen sollte, antwortete George Mallory: „Weil er da ist.“)
- Aber ich verstehe auch alle, die es nicht benutzen. Auch wenn Ihr das jetzt nicht lesen könnt, weil Ihr meinen Blog ja nicht kennt.
- DER BLOG! Und Ihr meine lieben Leser…obwohl….ich könnte ihn auch mal mit der Post schicken, was denkt Ihr? Wer das möchte: Her mit den Adressen!
Das waren also meine Erlebnisse in der internetfreien Woche. Irgendwie hatte ich auf mehr Drama gehofft, tut mir leid. Das kommt vielleicht wirklich erst nach einem Monat oder einem Jahr ohne Internet.
Aber ich bin doch nicht verrückt.
Das war es schon wieder für heute meine lieben Leser, schön, dass wir Zeit miteinander verbracht haben. Morgen früh starten Martin und ich Richtung Hamburg, wo wir bis Montag bleiben werden. Drückt am Samstag ab 15 Uhr die Daumen, 3000 Powerfrauen joggen durch den Stadtpark von Hamburg beim diesjährigen Women’s run, ich mitten unter ihnen. An dieser Stelle schon mal die Grüße der Woche an meine Berliner Lieblingsstudentennichte, die Samstag Prüfung hat anstatt mit ihrer Tante durch den Stadtpark zu joggen. Meli, wir drücken dir feste die Daumen!
Euch allen wünsche ich eine tolle Woche, klettert mal auf irgendwas nur weil es da ist, macht Cyberkontakte zu realen Kontakten und tanzt eine Runde im Regen mit mir!
Ha det bra,
(für die wichtigen Dinge im Leben….Wimbledon 2013 nur bei liveticker und Radio)
Ulrike