Von nordischen Göttern und Theatergöttern ODER Edda im Norske Teatret

Fimbulvinter-i-Edda

Fotos: LESLIE LESLEY-SPINKS

Wahnsinn.

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen. Als Theaterkritikerin wäre ich verloren, denn ein, wenn auch begeistertes, “Wahnsinn!” wäre nicht genug für eine ganze Kritik. Und doch ist mir gestern Abend nicht viel anderes eingefallen als erste Reaktion auf Robert Wilsons “Edda” in Det Norske Teatret.

Wer diesen Blog schon länger liest, weiß, dass ich ein großer Fan dieses Theaters bin. Und das, obwohl ich selten mehr als ein Wort verstehe, da alle Stücke auf nynorsk gespielt werden, dieser „anderen“ norwegischen Sprache neben bokmål, die vor allem an der Westküste gesprochen wird. Im Norske Teatret habe ich schon dreieinhalb Stunden “Trauer muss Elektra tragen” miterlebt, ohne ein Wort zu verstehen und war hinterher begeistert.

Gestern nun also „Edda“ und Robert Wilson. Die Edda ist eine Sammlung skandinavischer Helden- und Göttersagen, niedergeschrieben in Island im 13. Jahrhundert. Odin und Frigg, Balder, Loki, Thor und sein Hammer, Heimdall, Tyr, Freya, Volva – willkommen in der nordischen Götterwelt, in der es drüber und drunter geht und die voller schwieriger Namen ist, was gestern Abend häufig zu der verwirrten Frage geführt hat: “War das ein Name oder war das nynorsk?”

Meine Begegnung mit der nordischen Götterwelt beschränkte sich bisher auf Kreuzworträtsel und den Hollywood-Schinken “Thor”, in dem der streitsüchtige Gott von Odin aus dem Götterreich verbannt wird, um auf der Erde zur Vernunft zu kommen. Ein sehr unterhaltsamer Film, aber bis auf einige Rahmenfiguren meilenweit von der Edda entfernt.

Klar.

Dann bekam ich von Martin zum Geburtstag die Nacherzählung einiger nordischer Sagen von Neil Gaiman. Hier las ich zum ersten Mal von Yggdrasil, dem Weltenbaum. Von Niflheim, der dunklen und Muspell, der lodernden Welt. Von Bergelmir und Gjallerhorn, von Embla und Bor, von Midgard und Svadilfari und sobald ich einen Namen gelesen hatte, hatte ich ihn auf der nächsten Seite schon wieder vergessen.

Aber toll klingen sie, oder? Nach Abenteuern und vergangenen Zeiten, nach übermenschlichen Kräften und menschlichen Abgründen und nach einer ganz eigenen Welt.

Wie bei Robert Wilson. Ich will gar nicht versuchen theaterkritisch zu schreiben, das würde in die Hose gehen, aber was ich sagen kann ist: Er hat Bilder auf die Bühne gestellt, da wollte ich nie wieder weggucken. Odin, der auf einer Bühne voller waberndem Nebel auf einem weißen Stuhl sitzt und einen Ast an seiner Seite hat, Volva, die vor einer blaugeleuchteten Wand durch die eisigen Höhen von Jotunheimen zieht – ach, man kann das nicht beschreiben, Ihr müsst das einfach sehen!

Dazu kam der Text von Jon Fosse, der die Edda sozusagen nachgedichtet hat und die Musik von Arvo Pärt und der Indieband CocoRosie, ein fantastisches Ensemble (auch wenn ich manchmal gern in deren Köpfe geguckt hätte…) und ein Publikum, das sich begeistern lassen wollte. Nicht alle, aber viele. Ich wiederhole mich gerne und sage: Ihr müsst das sehen!

Wilson will ein Gesamtkunstwerk aus Licht, Kostüm, Text, Musik und Darstellern schaffen und auch wenn einige Szenen für den nynorsk– und Edda-unwissenden Zuschauer wie mich etwas lang waren, am Ende bleibt nur eines zu sagen:

Wahnsinn.

***

Ich muss auf jeden Fall nochmal in das Stück. Und darum folgt ab jetzt ein Crashkurs in nordischer Mythologie, eine sehr spannende Aufgabe, finde ich. Das Norske Teatret bietet viel Hintergrundwissen zum Stück – natürlich auf nynorsk! Dann tauche ich jetzt ein in die Sagenwelt, wünsche Euch allen eine wunderschöne Woche, genießt den Schnee und/oder den Frühling, lasst Euch mal wieder von Kunst begeistern und vergesst nicht zu lachen!

Ha det,

Ulrike

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Eine Mutter packt aus ODER Elsa, let me go!

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Es ist soweit. Ich werde Kind und Mann nehmen und in die Wildnis ziehen. Weg aus der Zivilisation, weg aus dem Kapitalismus –  weg von FROZEN!

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen. Jedes kleine Mädchen kommt in die Prinzessinnen-Phase. Das ist nunmal so, das ist irgendwie so drin, da kann man nix machen, nur Augen zu und durch. Cinderella und Schneewittchen, Arielle und dingens hier, die andere Blonde – ach weiß ich jetzt auch nicht, wie die heißt, Mutter verliert den Überblick. Nun kann man von Prinzessinnen halten, was man will, nur entkommen, entkommen tut man ihnen nicht.

Bei uns heißt die Prinzessin der Wahl seit einigen Wochen Elsa.

(Aus dem Film Frozen oder Frost, falls hier irgendwelche Fragen auftauchen sollten.)

Elsa gehört mittlerweile zur Familie, zumindestens bekomme ich das Gefühl, so oft, wie ich täglich mit ihr telefoniere. Die blonde Eisprinzessin hat nämlich tatsächlich magische Kräfte:

Das Kind hat keinen Bock zu baden?

“Ich habe gerade mit Elsa telefoniert, die geht jetzt auch baden.” Tapp tapp tapp und ab in die Wanne hüpft das Kind.

“Diese Augentropfen hat Elsa extra für dich gemacht, warte ich rufe kurz an…ja, du sollst die unbedingt nehmen.” Tropf tropf, fertig.

“Elsa isst total gerne Broccoli.”

Unmöglich, höre ich Euch schreien, diese Art von Manipulation, so geht das gar nicht!!! Aber mal ehrlich – sie erleichtert das Leben ungemein! Sogar unser Hausarzt hat behauptet, er wäre gerade mit Elsa am Telefon gewesen, als der kleine Wirbelwind bei der letzten Untersuchung so gar nicht in die Nähe des Doktors wollte.

Lug und Betrug wohin das Auge blickt.

Das bleibt nicht ungestraft. Natürlich nicht. Denn seit bei uns in der Sorgenfrigata das Prinzessin-Elsa – Fieber ausgebrochen ist, guckt mich die blond-türkise Animationsschönheit in jedem Laden an.  Man kann ihr nicht entkommen: Elsa-Kleider, Elsa-Tasche, Elsa-Puzzle, Elsa-Joghurt, Elsa-Trinkflasche, Elsa-Bücher, Elsa-Muffinformen, Elsa-Aufkleber, Elsa-Stempel, Elsa-Schuhe, Elsa, Elsa, Elsa!!!!!!!!!

Vor einigen Tagen wollte ich dem Kind in Kiel eine neue Frühlingsjacke kaufen. Meine eigentlich kompromissbereite Tochter betritt den Laden, ihr Blick fällt auf eine türkise…naaa?….genau Elsa-Jacke und wir waren fertig mit Shoppen. Also Gesa. Ich habe 30 Minuten lang den albernen Versuch unternommen, sie von ihrer Entscheidung abzubringen und präsentierte zahlreiche andere Jackenmodelle.

“Mamma, die für BABIES!” bekam ich als Antwort.

Ja und heute im Kindergarten war sie der ungekrönte Star des Tages mit ihrer neuen Elsa-Jacke.

Und hier nun meine verzweifelte Bitte an Disney:

STOOOOOOOOOOOPPPPPPPPPPPPP!

Ich möchte nicht in die Wildnis ziehen!

Ich will der Zivilisation nicht den Rücken kehren!

Ich mag Kapitalismus!!

Hört auf, alles was nicht bei drei auf dem Baum ist, mit der blonden Eisprinzessin zu verzieren oder mit Anna oder Kristoffer oder Sven oder Olaf oder…

WIESO KENNE ICH ALLE DIESE NAMEN, OBWOHL ICH DEN FILM NOCH NIE GESEHEN HABE???????

***

“Naja, du MUSST das ja nicht kaufen.”

Gewissen, du hast mir gerade noch gefehlt.

“Kuckuck. Oder soll ich sagen: Let it go?”

Du fliegst jetzt raus.

***

Klar, natürlich muss man diese Sachen überhaupt nicht kaufen. Klar, toller pädagogischer Ansatz. Besonders bei einer Zweijährigen mit Trotzphase, die händelt das prima, wenn wir im Supermarkt an gefühlten fünfhundert Elsa-Produkten vorbeifahren und ich permanent sage: “Nein.”

Ich mache das.

Natürlich.

Immer dann, wenn ich zwei Valium dabei habe. Dann bin ich Mrs. Konsequenz. An den anderen Tagen nicht. Meine neueste Idee war: Ich kaufe gaaaaaanz viel von Elsa und es wird Gesa irgendwann langweilig.

*räusper*

Deshalb also die einzige Möglichgkeit: Wir steigen aus. Es war schön mit Euch, liebe Leser, vergesst mich nicht und falls irgendwann die Zeit kommt, in der blonde Eisprinzessinnen aus der Mode sind – schickt mir einen Brief, eine Taube oder kommt persönlich vorbei und sagt mir Bescheid.

Ha det,

UlrikeDiadem

Ulrike