Der Weg führt die Treppe hinunter in einen kleinen Garderobenraum, wo wir unsere Sandalen gegen gemütliche Hausschuhe in allen Farben des Regenbogens tauschen. Vom kleinen Kassenraum aus geht es dann die Treppe hinauf – und eine neue Welt offenbart sich: Die Wände sind bedeckt mit farbenprächtigen Zeichnungen und Malereien, überall stehen bunte, kleine Statuen, verrückte Spielzeuge und über uns hängen exotische Pflanzenstränge. Plötzlich sieht man sich selbst inmitten dieser fantastischen Welt im Spiegel an der Wand. Und ist sprachlos.
Hallo, meine lieben Leser. Schön, dass wir uns hier wieder treffen! Das Kinderkunstmuseum scheint ein gut gehütetes Geheimnis in Oslo zu sein, denn hätte ich gewusst, was mich erwartet, wäre ich schon vor langer Zeit dort gewesen. Aber bis auf ein kleines Schild an der Straße hält sich das Museum bedeckt.
Von afrikanischen Trommelklängen werden wir in die zweite Etage gelockt. Eine Gruppe Kindergartenkinder lauscht einem grauhaarigen Mann und seinem Trommelspiel. Später unterhalten sie sich über Kunst. „Was ist das überhaupt: Kunst?“, will der Pädagoge wissen. „Bilder, die man anguckt und schön findet!“, antwortet ein Junge. Da hat er hier im Museum viel zu tun. Ich bin beeindruckt von den Kunstwerken, die Kinder und Jugendliche im Alter von 3 bis 18 Jahren geschaffen haben. Schulen, Familien, Kunstakademien aus 185 Ländern haben zu der gewaltigen Sammlung des Museums beigetragen – nur ein Bruchteil ist ausgestellt.
Das Kinderkunstmuseum ist ein Pionier der Kunstwelt. Gegründet 1986 von der Stiftung für Kindergeschichte, Kinderkunst und Kinderkultur war es die Idee des russischen Filmmachers Rafael Goldin und seiner Frau, der Ärztin Alla Goldin. Heute leitet Tochter Angela das weltweit erste Museum von Kindern für Kinder (und Erwachsene).
Rafael Goldin formulierte es so: „Kinder sind ein eigenes Volk, sagt man. Aber ein Volk kann nicht ohne Kultur existieren. Kinder sind das Volk, denen die Zukunft gehört. Und dieses Volk muss ein Recht haben auf seine eigene Sprache, seine eigene Kultur, seine Kunst und seine Geschichte.“ Aus diesem Anspruch entwickelt das Museum seine Aufgaben: Es will die Kunst der Kinder der ganzen Welt bewahren, durch Projekte und Kunstangebote neue Kunst schaffen und die Kunst der Kinder vermitteln.
Ein großes, asiatisches Kindergesicht blickt den Betrachter an. Dicke, blaue Tränen kullern über die rosa Wangen. Mama, jeg vil hjem! (Mama, ich will nach Hause) heißt das Bild einer neunjährigen Chinesin. Ich muss schlucken und Miriam scheint es ähnlich zu gehen. Viele der ausgestellten Bilder sind so eindrucksvoll, dass es berührt. Hier sieht man die Welt wirklich aus den Augen der Kinder. Ihre Lebensumstände, ihre Ängste, ihre Freuden. Wie in der Ausstellung Daddy World Wide: Kinder auf der ganzen Welt wurden eingeladen in Bildern auszudrücken, was ein Vater ist oder sein sollte. Eine Kohlezeichnung zeigt einen Mann mit nacktem Oberkörper, der ein Baby auf dem Arm hält. Eine riesenhafte Männerfigur steht zwischen einem Kind und einer Gruppe älterer Kinder. Ein Vater steht hinter seinem Sohn und hilft, die gewaltige Angelbeute ins Boot zu ziehen. Ein Mann mit knallrotem Kopf brüllt Richtung Betrachter. Kinder haben hier das Recht, sich auszudrücken. In allen Aspekten ihres Lebens.
Die Qualität der Bilder ist erstaunlich: Alle Kunstrichtungen sind vertreten und auch wenn die jungen Künstler nicht an das britische Wunderkind Keiron Williamson heranreichen – sie haben ihre eigene Bildersprache gefunden. Hier haben Kinder bestimmt, was ihnen am Herzen liegt und wie sie es ausdrücken wollen. Die Stilmittel sind in den Kulturen unterschiedlich, die Themen sind es nicht. Kinder von Alaska bis Australien nehmen Kunst als Mittel der Kommunikation. Ein verbindender, beruhigender Gedanke, der Hoffnung auf die Zukunft macht.
Die letzte Treppe führt uns in eine Schatzkammer. In einem abgedunkelten Raum mit hoher Decke finden sich Puppen, Spielzeuge, Masken aus der ganzen Welt. Jede Ecke, jede Fläche ist bedeckt mit den bunten Weltreisenden. Dicke Teppiche und bunte Sitzkissen laden zum Bleiben ein. Ein Glasprisma am geöffneten Fenster spiegelt das Sonnenlicht und schickt glitzernde Lichtflecke in den dunkleren Raum. Vogelzwitschern füllt die Luft. Ein Raum wie aus 1001 Nacht. Ich könnte ewig bleiben. Unten, im kleinen Museumsshop, entscheide ich mich für drei Postkarten, bevor wir die bunten Pantoffeln ausziehen und zurückkehren in unsere Welt.
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Das war es schon für heute, meine lieben Leser! Kommt in das Kinderkunstmuseum in Froen (Lille Froens vei 4, T-bane Linie 1: Froen Station), wenn Ihr in Oslo seid – für mich ist es das spannendste und schönste Museum, das die Stadt zu bieten hat. Ich wünsche Euch allen eine tolle Woche mit Sonne, Lachen und dem kleinen bisschen Extra. Meine wöchentlichen Grüße gehen diesmal an die tapferen Camper am Heidesee in Soltau – ich wünsche Euch ganz viel Sonne für die letzten Tage! Abschließend noch ein Satz des Malers Henri Matisse:
„Du musst ein Kind bleiben, solange du lebst…“
Ha det bra,
Ulrike
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