„Hammermäßig“ hat Premiere ODER Deutsches Theater in Oslo

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Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen! Wer von Euch diesen Blog schon länger verfolgt, weiß, dass ich im April schlumperig werde mit den Artikeln. Seit vier Jahren ist nämlich im April Premiere unserer Theatergruppe! Und ganz ehrlich – da schaffe ich es nicht, einen Artikel für den Blog zu schreiben….SHAME ON ME!!!!!

Aber so ganz ohne Grüße wollte ich Euch für zwei Wochen auch nicht lassen – hinterher kündigt Ihr mir die Freundschaft und dann sitze ich hier allein. Das wäre doof!!!

Wir sind also in der heißen Endprobenphase, heute Abend ist Generalprobe und es ist, klar, alles extrem spannend!!! Vor allem, da wir dieses Jahr unser Stück selber geschrieben haben. DAS ist für mich dieses Jahr der Hammer, die Entwicklung von „Hm, wir sollten was zum Luther-Jahr machen…..“ hin zu „Hammermäßig – Eine Revue durch Luthers Zeiten“ mit zwei Vorstellungen in Oslo und einem Gastspiel in Göteborg. Irre, plötzlich nehmen Gestalten und Texte Leben an und bewegen sich bunt, laut und witzig über die Bühne.

Tja und irgendwann waren die Szenen fertig. Ihr wollt wissen, worum es geht? Hier unsere Ankündigung:

„Ein kurfürstlicher Ausrufer mit mütterlichem Schutz, ein eitler Ablasshändler mit schlaffen Waden und ein gestresster Reformator, der eigentlich lieber kochen will: Willkommen im Wittenberg des 16. Jahrhunderts!
Natürlich müsse man etwas zum Lutherjahr machen, hatten die Mitglieder der Theatergruppe im letzten Jahr entschieden. Nur was? Es fand sich kein Stück, das zu der ironisch-unterhaltsamen Art der Kleinen Deutschen Szene passte.
“Dann schreiben wir eben selbst ein Stück!”
Gesagt, getan. Es folgten viele Treffen, in denen die Köpfe rauchten und das Zwerchfell vibrierte. Vieles wurde geschrieben, vieles wieder gestrichen, aber irgendwann – endlich!!! – war das Stück fertig.
“Hammermäßig! – Eine Reise-Revue durch Luthers Zeiten!” lautet das Ergebnis und nimmt die Zuschauer mit in den Alltag des 16. Jahrhunderts – und der ist amüsanter, als man denkt! Zusammen mit der Musik von Erik Gøthesen erwartet Euch ein bunter, witziger und manchmal nicht ganz jugendfreier Abend. Mit viel Humor – und und noch mehr Fantasie – erzählen die Darsteller Geschichten rund um den Thesenanschlag, die so garantiert nicht stattgefunden haben.
Oder vielleicht doch?“

Also, ich würde hingehen 🙂

Wer Sonntag noch nichts vorhat (die Vorstellung am Samstag ist ausverkauft) kommt gerne um 19 Uhr in die Deutsche Gemeinde!

Und nächste Woche gibt es wieder einen richtigen Artikel – versprochen!

Ha det, Ulrike 🙂

LutherGöteborgSchwarzWeiss300dpi

(Die (leider auf dem Foto nicht komplette) Kleine Deutsche Szene Oslo)

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Jeg velger meg april! ODER Frühlingsgrüße aus Oslo…

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Jeg velger meg april
I den det gamle faller,
i den det ny får feste;
det volder litt rabalder,-
dog fred er ei det beste,
men at man noe vil.

Jeg velger meg april,
fordi den stormer, feier,
fordi den smiler, smelter,
fordi den evner eier,
fordi den krefter velter,-
i den blir somren til!

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen! Der Frühling kommt mit Riesenschritten und auch wenn meine Nachbarn das Haus mit Skiern über der Schulter verlassen, auch wenn jetzt am Wochenende Biathlon World Cup am Holmenkollen ist – ich bin in Frühlingsstimmung. Und zwar ganz genau so, wie Bjørnson das in seinem Gedicht beschreibt. Für mich stürmt und fegt, lächelt und schmeckt, umstürzt und lärmt nicht nur der April sondern der ganze Frühling.

Geht Euch das auch so?

Alles fängt von vorne an und ich bin voller Energie! Habe Lust auf Abenteuer, unzählige Ideen für neue Theaterprojekte, will reisen und lachen und einfach auf und los und weg…oder hin…wie man es eben nimmt! Und da mich bisher immer noch niemand anstellen will (echt deren Verlust, seien wir mal ehrlich ;)…) habe ich auch alle Zeit der Welt, um meine Ideen in die Tat umzusetzen. Das Tolle an Oslo ist für mich: Ich habe hier in den letzten fünf Jahren so viele Projekte starten und Ideen umsetzen können. Niemand hält mich ab, im Gegenteil, es finden sich lauter gutgelaunte Menschen, die sich beteiligen.

Und während also die Norweger glücklich ihr ute-pils genießen, das Straßenleben erwacht und die Sonne vom Himmel strahlt, tüftle ich über meinen Kulturideen. Das ist echter  Luxus, glaubt mir, das weiß ich! Das Neue (also auch eine neue Idee) wird gefeiert, schreibt Bjørnson und recht hat er. Ich bin ja nicht gerade als Lyrik-Fan unterwegs, aber manchmal treffen Gedichte ein Gefühl so genau, dass es mich fast umhaut. Rilke kann das bei mir, Mascha Kaléko oder die wunderbare Dorothy Parker. Rilkes Satz “In meinen Armen schlafen Wälder ein” gibt mir jedes Mal eine Gänsehaut. Ha, und schon habe ich ein neues Projekt für mich selbst: Mehr Gedichte lesen, wer weiß, was an Gänsehaut da draußen auf mich wartet! Hm… und dann vielleicht eine Fotoausstellung mit Gedichten!

Ob Bjørnson auch zum Frühjahrsputz motiviert? Es gibt Menschen, die putzen gerne – mir muss man eine große Belohnung versprechen oder mich währenddessen mit Gummibärchen bei Laune halten. Aber vielleicht schafft der norwegische Nationaldichter ja das Wunder und ich rücke frühlingsenthusiastisch mit Lappen und Eimer dem Winterschmutz zu Leibe. Denn schließlich soll auch hier drinnen Frühling sein. Nille und Clas Ohlson überbieten sich mit gut in Sichthöhe platzierten Putzartikeln, deren Verpackungen frühlingshaft rosa und lindgrün sind und fast Lust auf Putzen machen. (Naja, eine Tüte Gummibärchen daneben würde noch besser wirken!)

Und so schwelge ich also durch diesen frühlingshaften Freitagmorgen und schicke Euch allen, egal wo Ihr seid, die wunderbarste norwegische Frühlingssonne.

Jeg velger meg april,
fordi den stormer, feier,
fordi den smiler, smelter,
fordi den evner eier,
fordi den krefter velter,-
i den blir somren til!

***

Das war es für heute, meine lieben Leser. Ich wünsche uns allen eine wunderbare Woche und schicke beste Wünsche an alle, die selbst der Frühling im Moment nicht trösten kann.

In der Kleinen Deutschen Szene Oslo steigt die Aufregung, denn in knapp zwei Wochen ist Premiere und nach einer sehr geglückten musikalischen Probe gestern freue ich mich noch mehr auf unsere Aufführungen am 1. und 2. April. In der Rasselbande, der Kindergruppe in der Deutschen Gemeinde, haben wir den Frühling schon gefeiert und ich freue mich auf viele weitere Treffen mit diesem lustigen, lauten, bunten Haufen. Hier Zuhause freue ich mich auf unsere Fahrt mit der Color Line, auf lange Touren in Wald und Feld und über ein quasseliges, wirbelwindiges Wunder, dessen Lieblingswort im Moment “Puuups!” ist.

Ob ich das irgendwie auf “Frühling” ändern kann? – Nee, oder? Langweilig!!! Und Langeweile wollen wir im Frühling nicht!

In diesem Sinne: Seid stürmisch und mutig, verliebt und vergnügt, kreativ und neugierig. Es ist Frühling!

Ha det,

Jeg velger meg

Ulrike (und ab geht es nach draußen!)

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Das Wikingerschiffmuseum in Oslo ODER Häkeln wie Hägar!

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King Features sync.

“Häh?” Ich starre verwirrt auf das Maschenchaos in meiner Hand. Um meinen linken Daumen hängt eine wollene Schlinge, in der rechten Hand halte ich die dicke Nadel. So weit, so gut. Aber dazwischen herrscht Chaos. Hilfesuchender Blick in das Anleitungsbuch: “Nicht aufgeben. Es sieht chaotisch aus? Dann ist es wahrscheinlich richtig.” Ah, prima. Dann werde ich also doch bald eine Meisterin im nålebindning, dem Wikinger-Häkeln. Und das alles wegen Bassi!

Vikingskipshuset. Foto: Kulturhistorisk museum,UiO/ Eirik Irgens Johnsen .

Hallo, meine Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen! Es gibt Museen in Oslo, da reicht mir ein Besuch. Nicht so beim Wikingerschiffmuseum auf Bygdøy! Dorthin verschlägt es mich immer wieder gerne. Am Mittwoch habe ich es zusammen mit Neffen Bassi besucht, der tollerweise für ein paar Tage in Oslo war. Diesmal erlebte ich am Eingang eine Überraschung: Ein Mitarbeiter der Uni Oslo fragte uns, ob wir eine kostenlose Tour durch das Museum haben wollten. Kostenlos? IMMER! Und dafür sollten wir nur eine Museums-App testen. Er stattete uns mit Handy und Kopfhörern aus und los ging es.

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Ich mag die Schlichtheit im Museum. Drei Wikingerschiffe sind hier ausgestellt, jedes in einem eigenen Gebäudeflügel. Ein ganzer Gebäudeflügel und darin: Ein gewaltiges, schwarzes Holzschiff, meterhoch und unverziert. Dieses Schiff (oder Teile davon, natürlich ist einiges restauriert) ist vor ca. 1300 Jahren über das Meer gefahren. Dann wurde es als Grabschiff für einen Wikingerkönig oder zwei reiche, wichtige Frauen eines Wikingerdorfes genutzt und verschwand. Tausend Jahre später, im Falle des Gokstadschiffes, buddeln zwei gelangweilte Bauernsöhne auf dem Grund ihres Vaters und entdecken die Überreste. Eine langjährige Ausgrabung und Restauration erfolgt. Und nun steht das best-restaurierte Wikingerschiff der Welt so gewaltig vor mir und ich bin wieder begeistert. Komisch, dabei habe ich es sonst gar nicht so mit Schiffen oder Wikingern oder uralten Zeiten. Wer weiß, vielleicht war ich in einem anderen Leben….

Noch bevor ich weiterdenken kann, piepst die App. Ach ja, wir haben ja hier eine Aufgabe! Irgendwie erkennt das Handy, wo genau ich mich im Museum befinde und schickt mir die passenden Infos. Das ist spannend! Bassi und ich klettern auf eine der zwei Aussichtsemporen und begucken die Schiffe aus der Höhe. Auch spannend. Wie immer!

bassi

Als wir durch die Abteilung mit Alltagsgegenständen bummeln, erzählt die App von den bunten Farben, die damals beispielsweise den Schlitten, vor dem ich stehe, verziert haben. Keine Ahnung, wie es Euch geht – ich habe immer Schwierigkeiten, mir die Vergangenheit “bunt” vorzustellen. Die Wikingerzeit präsentiert sich hier im Museum in schwarz, braun und bronze und ich wünschte, ich könnte die Originalfarben auf Holz oder Stoff sehen.

Wir drehen noch eine letzte Runde an allen Schiffen vorbei. Bei der Handyrückgabe stellt uns der freundliche Uni-Mitarbeiter noch einige Fragen zu den Schiffen, puuh, ist ja wie im Examen hier. Na, aber wir wissen fast alles und er zieht zufrieden von dannen. Was machen wir denn nun mit den gesparten 100 Kronen pro Person? Ha, nichts leichter als das: ich gehe entschlossen in den Museumshop auf der Suche nach einem interessanten Souvenir.

Ich liiiiiiiebe Museumshops. Manchmal würde ich am liebsten NUR in den Shop gehen und das Museum links liegen lassen. Der Shop im Zoologischen Museum beispielsweise ist toll oder der in der Nationalgalerie. Der hier im Wikingermuseum ist klein, aber interessant. Wir staunen über ein gläserner Wikingerschiff für unglaubliche 47.000 Kronen, probieren Helme und Mützen auf, greifen zu Holzschwertern. Beim letzten Besuch habe ich das “Viking Cookbook” gekauft, tja und diesmal….hm…

Oh, was ist das denn?

Ein Buch mit dem Titel “Nålbindning” lacht mir entgegen – auf den ersten Blick scheint das Häkeln zu sein, oder was? Zwei Hände halten eine Nadel und einen Faden. Ich trete näher. Hm, so eine Art Wikingerhäkeln oder –stricken. Die passende Nadel gibt es gleich dazu, sehe ich, und mit den Worten “Das ist doch was für meinen Blog!” verschwinde ich zur Kasse.

Tja, und nun sitze ich hier. Und schaffe Chaos. Immerhin habe ich gelernt, dass nålbindning Schwedisch ist, auf Norwegisch heißt es “nålebindning”. Dann lerne ich, dass nålebindning (im Deutschen „Nadelbinden“) eine Urahnin vom Häkeln und Stricken ist. Die Kunst hat aber, dank der Wärme und Strapazierfähigkeit ihrer Produkte, überlebt.

Relatert bilde

Sieht das schön kuschelig aus!!!

In ganz Skandinavien fanden sich bei Ausgrabungen Kleidungsstücke, die in dieser Technik hergestellt wurden. Heute geht man davon aus, dass schon in der Bronzezeit „gebunden“ wurde.

Schnell lerne ich auch, dass es ganz schön kompliziert ist, wie alles, was man sich versucht, selber anhand von Bildern und Büchern beizubringen. Bisher ist mir unklar, ob ich einzelne Bänder “binde” und die dann zusammensetze und daraus eine Mütze, Jacke oder Windel mache, oder ob das anders geht. Ich sitze noch an den ersten Maschen, den sogenannten “Oslo-Maschen”, so genannt, weil hier in der Gegend ein Textilstück entdeckt wurde, das aus einer bestimmten Art Maschen gebunden wurde. Ist ja passend, was?

Im Internet gibt es ja alles – natürlich auch Videos zu “nålebindning”. Unter anderen eines, dass mir die Oslo-Masche auf Englisch und FINNISCH erklärt. Sehr unterhaltsam!

Ich binde mal weiter. Ziel: Eine Mütze. Ich gucke mir das Wollgewusel in meiner Hand an und denke: Naja, der Winter 2020 wird bestimmt auch kalt…..

***

So, meine lieben Leser, das war es schon für heute! Guckt doch mal im Internet und greift auch zur Nadel. Eine dickere Stopfnadel reicht dafür auch. Das Wikingerschiffmuseum lohnt sich wirklich und wer ab April in Oslo ist, sollte sich einen Bescuh erst recht nicht entgehen lassen: Ein 3D-Film bringt ab April die Wikingerschiffe an der Decke des Museums zum Leben! Das klingt spannend – ich bin auf jeden Fall dabei!

Meine wöchentlichen Grüße gehen dieses Mal an Imke, Mia und Bianca, die mir in der letzten Woche fix wie der Wind in den Wikingersegeln die Antworten zum Jahresquiz geschickt haben. Wer noch Lust hat: Unter ulrike_niemann@yahoo.no freue ich mich auch diese Woche noch über Antworten. Und Ihr Euch dann über Post aus Oslo – schickt also Eure Adressen mit!

Und noch eine ganz andere Sache: Gestern piepste mein Handy und ich bekam die Noten meiner Norwegischprüfung! Schriftlich/Hören/Lesen B2 und mündlich B1 – ich bin mehr als zufrieden!!

Euch allen wünsche ich eine schöne Woche, lernt mal wieder was Neues, vergesst nicht zu lachen und jemanden in den Arm zu nehmen. Nächste Woche nehme ich Euch mit in meine Küche und wir backen Nuss-Honig-Kuchen – so wie die Wikinger!

Ha det bra,

Ulrike (na, man erkennt doch was!!!)

Mein kunterbunter Norwegen-Mix ODER “Hodet, skulder, kne og tå, kne og tå!”

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eirinf21.files.wordpress.com

Ich habe Muskelkater. Aber wie. Jetzt könnte ich behaupten (und dabei ganz bescheiden gucken), es käme vom letzten 15-Kilometer-Lauf. Natürlich bergauf. Oder vom letzten Quadrathlon. Vom Karate. Vom Gewichtheben.

Kommt es aber nicht.

Ich habe Muskelkater vom Singen.

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen. Heute zu meinem kunterbunten Norwegen-Mix, meinem norwegischen Studentenfutter. Seit Montag letzter Woche hat Gesa ein neues Lieblingslied. Das ist prima, das unterstützen wir, da singen wir mit. Mit dem Singen ist es bei “Hodet, skulder, kne og tå” aber nicht getan, oh nein! Die angesprochenen Körperteile (Kopf, Schulter, Knie und Zeh) müssen natürlich auch berührt werden – und zwar immer schneller und schneller und schneller bis der Mittvierzigerrücken knackt und sich der Rest der Körpers fragt, was der Mist eigentlich soll. Waren wir nicht durch mit Sport?

Für alle, die mitsingen möchten, tobt Euch gerne hier aus.

Ausgetobt hätte sich auch Therese Johaug gern. Und zwar am liebsten ihrem Teamarzt gegenüber. Die norwegische Star-Athletin überraschte/schockierte die Norweger nämlich letzte Woche mit einem positiven Doping-Test. Eine verbrannte Lippe forderte im italienischen Trainingslager medizinische Behandlung und Teamarzt (nein, EX-Teamarzt) Fredrik Bendiksen kaufte ein rezeptfreies Medikament in der örtlichen Apotheke. War es auch frei käuflich, enthielt es doch trotzdem den verbotenen Wirkstoff Clostebol. Weder Arzt noch Sportlerin hatten anscheinend den Beipackzettel gelesen. * Es ist alles etwas verwirrend, es gibt viele Fragen, vielen erscheint die von Johaug gegebene Erklärung, wie der Stoff in ihren Körper gekommen sei, zu unglaubwürdig. Fredrik Bendiksen ist mittlerweile zurückgetreten, Johaug für zwei Monate gesperrt und es gibt Stimmen, die fragen: Was, wenn das alles nur ein Ablenkungsmanöver war, um bewusstes Doping zu vertuschen? Besonders, nachdem vor wenigen Monaten auch der Langlaufstar Martin Johnsrud Sundby nach einer extrem erfolgreichen Saison Dopingprobleme hatte, aber immer wieder seine Unschuld beteuerte. Man möchte ihnen wirklich gerne glauben: Aber ein schaler Beigeschmack bleibt.

Ganz schal wird mir auch beim Gedanken an meine Norwegischprüfung. Die soll Ende November stattfinden. Hilfe! Gleich am ersten möglichen Anmeldetag, Punkt 9 Uhr, saß ich am Computer. Nur zweimal im Jahr finden diese Prüfungen statt, anmelden kann man sich genau eine Woche lang, danach: Pech gehabt. 1870,- Kronen kostet mich der Spaß und jetzt sitze also am Schreibtisch und lerne und lerne und lerne. Rede mit jedem, der nicht schnell genug auf dem Baum ist und quäle Freunde mit meinen norwegischen Texten, die die Armen dann Korrektur lesen müssen. * Es gibt im Internet einige sehr gute Übungsseiten, für norsklab muss man 90,- NOK bezahlen, sie ist aber jede Krone wert, beim Cappelen Verlag sind die Arbeitsaufgaben umsonst (allerdings richten sie sich nach den jeweiligen Arbeitsbüchern, wenn man die nicht hat, ist es etwass komplizierter zu folgen, klappt aber auch, finde ich). Möglichkeiten zum Sprachtraining finden sich im Goethe-Institut, bei den Jungen Erwachsenen der Deutsch-Norwegischen Gesellschaft und natürlich überall im Alltag. Und nachdem Gesa jetzt schon zwei norwegische Wörter spricht und, zu unserer Überraschung, SEHR viel mehr versteht, wird es auch Zeit, dass ich loslege: Nicht, dass sie bald besser Norwegisch spricht als ich!

Zum Abschluss dieses Norwegen-Mixes noch ein Buchtipp: “Kon-Tiki. Ein Floß treibt über den Pazifik” von Thor Heyerdahl. Ich bin kein Fan von testosterongetränkten Abenteuergeschichten, aber diese hier hat mich gepackt. Die Geschichte der unglaublichen Fahrt auf einem selbstgebauten Floß, die Heyerdahl 1947 unternimmt, um zu beweisen, dass es den Ureinwohnern Südamerikas technisch möglich gewesen wäre, Polynesien zu besiedeln, ist spannend und lustig und dramatisch und menschlich. Und dabei bin ich erst auf Seite 47! * Besucht hier in Oslo unbedingt das Kon-Tiki Museum, in dem das Floß ausgestellt ist. Viel erfährt man in diesem interessanten Museum auch über die polynesische Geografie und Kultur. (Blogleserin Andrea Fuchs, die seit Jahren samt Segelboot und Mann über die Weltmeere fährt, war übrigens gerade auf den Osterinseln und hat mir eine Postkarte von dort versprochen! Toll, oder?)

So, meine Lieben, das war ein kunterbunter Mix aus….hodet, skulder….pscht…Mix aus interessanten und vielleicht nicht interessanten….kne og….AUF JEDEN FALL WAR ES EINE GUTE ABLENKUNG GEGEN…Hodet, skulder, kne og tå, kne og tå, hodet skulder, kne og tå, kne og tå….das verfluchte schöne Lied sitzt mir im Ohr!!!! Da hilft nur ein Kaffee und ein Keks und dann weiter Norwegisch lernen!

***

Das war es für heute, meine lieben Leser! Gestern habe ich im Radio noch einen Beitrag über “typisch norwegische” Begriffe gehört. Und habe mal ein paar für Euch ausgesucht. Vielleicht habt Ihr ja Lust ein bisschen zu raten, was sie bedeuten könnten. Klar könntet Ihr das auch googeln, aber erstmal raten!!!! Hier kommen also: Utepils, matpakke, dugnad, harry, bunad, russebuss, koselig, skibinding und oppholdsvær. (Ein paar kennt Ihr bestimmt schon Dank des Blogs, naja und für Leser hier in Norwegen oder Ex-Norwegen-Bewohner ist es einfach. IHR könntet ja vielleicht die Liste ergänzen!!)

Uns allen wünsche ich eine tolle Woche, bleibt oder werdet gesund, lacht viel und macht Euch das Leben kunterbunt! Die Tage werden kürzer, drinnen ist es warm und gemütlich, wir kuscheln uns aufs Sofa und gucken die Sendung mit der Maus! An das tolle Team des WDR gehen heute auch meine wöchentlichen Grüße: Ihr seid die Besten und ohne Armin, Christoph, die Maus und den Elefanten wäre unser Sonntag nicht komplett!

Macht es gut, liebe Leser und bis nächsten Freitag,

Ha det,

mausgesaich

Ulrike

„Karius und Baktus“ im Frognerpark ODER Ab in das blaue Zelt!

 

Sirup

Ich will sofort eine rote Zahnbürste! Eine rote Zahnbürste mit roter Badekappe!! Und diese rote Superbürste soll dann in meinem Mund herumtanzen und alle Bakterien vernichten! HA!!! – Ich war Freitag im Kindertheater. Es hat mich sehr mitgenommen.

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen. Kürzlich fragte mich Freundin Britta am Telefon: “Kann ich mir mal dein Kind ausleihen?” Nun hänge ich prinzipiell sehr an meiner Tochter und hätte als treusorgende Mutter ja erst einmal nachfragen können: “Hm. Wofür denn?” Schließlich verleiht man nicht einfach so sein Kind.

Nun befindet sich Gesa aber gerade in der Trotzphase.

Ohne weiteren Kommentar rief ich deshalb froh aus: “Klar!! Gerne!! Leih‘ sie dir aus! Ich gehe Kaffee trinken!”-“Super, aber du kannst auch gerne mitkommen.” Schon wollte ich ablehnen, dankbar für einen freien, TROTZfreien, Nachmittag, da hörte ich: “ Im blauen Zelt im Frognerpark spielen sie Kindertheater: Karius und Baktus.

Ahsooooooooooooo…..

In jeder Stadt gibt es alljährlich wiederkehrende Dinge. In Oslo, zum Beispiel, beginnt für mich seit vier Jahren der Sommer dann, wenn im Frognerpark das blaue Theaterzelt aufgebaut wird.

blauZelt

Immer am selben Platz und immer zur selben Zeit. Dort spielen dann im Sommer verschiedene Theatergruppen Stücke für Kinder. Den Anfang macht immer der zweite Jahrgang der norwegischen Theaterhochschule. Seit drei Jahren frage ich mich, warum die armen Studenten nun ausgerechnet vor dem schwierigsten Publikum der Welt – Kindern – spielen müssen. Und seit drei Jahren hatte ich mir auch vorgenommen, einmal im Theaterzelt eine Vorstellung zu sehen.

Bei diesem Plan war es aber auch geblieben.

Doch nun kam der Anschub dank Britta und wir entschieden uns, am folgenden Donnerstag eine Vorstellung zu besuchen. Nun hatte aber noch jemand anders am Donnerstag den Plan, den Frognerpark zu besuchen: Bruce Springsteen. Das war uns irgendwie entgangen. Als wir also frohgemut in den Park schlenderten, begrüßte uns die tiefe Rockstimme vom “Boss”, der gerade Soundcheck machte. Der Parkrasen dröhnte. Wir blickten zweifelnd von der riesigen Bühne auf das winzig wirkende Theaterzelt, das in unmittelbarer Nähe der Konzertarena lag. Hm. Die Entscheidung, für oder gegen Theater mussten wir nicht treffen: Beide Tagesvorstellungen waren ausverkauft. Na, gut. Hörten wir also weiterhin dem Boss zu (der später noch Oslo überraschte), genossen die Sonne und verabredeten uns für den nächsten Tag.

Nun gebe ich zu, dass ich Kindertheater immer sehr kritisch gegenüber stehe. Kinder sind ein sehr anspruchsvolles Publikum, das aber nicht unbedingt die (uns Erwachsenen so wichtige) Qualität einer Aufführung beurteilt. Sie wollen vor allem unterhalten werden. Und das geht auch schon mal mit dem größten, dusseligsten und niveaulosesten Quatsch. Ich saß bereits mit offenem Mund fassungslos in Kindertheaterstücken, während sich die Kinder neben mir lachend vom Stuhl warfen. Und ein Stück, das von zwei Zahnbakterien handelt….ich ahnte Böses.

Nee, nix da. Erstmal fand die Aufführung vom Teater Syklus im blauen Theaterzelt statt. DAS allein war schon ein Erlebnis! Endlich war ich drinnen und thronte mit Gesa und Britta hochoben am äußeren Rand des enormen Publikumsraums. Und außerdem ist das Teater Syklus nicht nur eine wunderbar engagierte, enthusiastische und talentierte Gruppe, die schon seit über 15 Jahren diesen Kinderklassiker im Programm haben – sondern sie spielen eben eine Geschichte von Thorbjørn Egner.

Thorbjørn Egner ist ein norwegisches Heiligtum und Verfasser nicht nur von “Karius und Baktus” sondern er schrieb und zeichnete auch “Die Räuber von Kardamomme” und “Klaus Klettermaus”. Und so, wie ich bereits die beiden letzten Bücher mochte, gefielen mir auch die nervigen Zahnmonster Karius und Baktus ausgesprochen gut. Und den Kindern gefielen die strubbelhaarigen Biester in gestreiften Kostümen noch besser. Beklommen fragte ich mich, ob nun die im Zelt anwesenden Kinder abends im hohen Bogen ihre Zahnbürsten aus dem Fenster werfen würden und dabei riefen: “Wir wollen Karius und Baktus im Mund!!!”

So kann Thorbjørn es nicht gemeint haben.

Auftritt: Die rote Zahnbürste. Mein Held! Meine Angst vor dem dramatischen Anstieg kindlicher Zahnfäule in Oslo legte sich, sobald ein Schauspieler in rotem Overall plus roter Badekappe als rote Zahnbürste über die Bühne fegte.

RoteZahnbürste

Schon waren die Guten und die Schlechten auf der Bühne wieder klargestellt und laut beklatschten Groß und Klein den finalen Abzug der beiden Zahnzerstörer. 35 Minuten hatte der Kampf gedauert, es gab viel zu lachen und am Ende durften wir nicht nur das Bühnenbild aus der Nähe betrachten sondern auch die beiden Hauptdarstellerinnen kennenlernen.

BrittaGesaKarius

(Gesa hat es, trotz ihres Gesichtsausdrucks, sehr gut gefallen. Hoffe ich. Auf jeden Fall war sie extremst beeindruckt. Und ja: Britta und Gesa gehen immer im Partnerlook ins Theater ;))))…)

Ich kann wieder einen Punkt auf meiner “Oslo-to-do”-Liste abhaken.

Und morgen kaufe ich mir eine knallrote Zahnbürste!

***

So, meine lieben Leser, das war es für heute. Ich hoffe, Ihr hattet oder habt einen tollen Sommer mit vielen schönen Erlebnissen. Wir waren drei Wochen in Deutschland und haben Freunde und Familie besucht. Es war lecker und lustig, windig und sonnig, aufregend und schön – wir standen einmal im Stau und zigmal beim Bäcker, haben im Supermarkt gestaunt und im Restaurant jubiliert, sind mit vier Sternen zurück nach Oslo geschippert und hatten eine tolle Zeit.

Hier in Norwegen fängt ab morgen teilweise wieder der Alltag an. Die Schulferien gehen allerdings noch bis zum 19.8. und bei uns beginnt am 23.8. eine neue Etappe im Elternleben: Gesa kommt in den Kindergarten. Bis dahin genießen wir aber noch den Sommer!

Meine wöchentlichen Grüße gehen heute nach Bern, wo Freundin Claudia ihren ersten Abend im neuen Übergangszuhause verbringt. Du fehlst uns! Alles Gute für morgen!!! Kick ass!

Uns allen wünsche ich eine tolle Woche, wir lesen uns dann wieder am Freitag.

Ha det,

GesaichBühne

 

Ulrike

 

 

Ein Wochenende in Bergen ODER Sonne??? In Bergen?

Bergen1

27. Mai 2016. Es muss ein Traum sein: Riesige Schneefelder vor dem Fenster, Schneeflocken fliegen gegen die Fenster und eine Gruppe Skifahrer schnallt sich das Gepäck auf den Rücken. Ich reibe mir die Augen, aber alles bleibt wie es ist. Willkommen auf der Hardangervidda – willkommen in der Bergenbahn!

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen. Zum Geburtstag hatte ich ein tolles Geschenk bekommen: Ein Wochenende in Bergen. Unglaublich, aber wahr – in der berühmten Stadt an der Westküste war ich in den vier Jahren Norwegen noch nie gewesen. Nun aber sollte es sein! Von vielen Seiten hatte ich gehört und gelesen, dass der schönste Weg nach Bergen der Weg mit dem Zug sei. Knapp sieben Stunden quer durch Norwegen – das wollte ich unbedingt machen!

Heute kann ich sagen: Einmal ist genug. Versteht mich nicht falsch: Es ist super, plötzlich auf Gletscherhöhe zu sein und in eine bizarre Eis- und Schneelandschaft zu gucken. Auch reißende Ströme und Wasserfälle sind spannend – außerdem lernt man nette Leute kennen (ich in diesem Fall ein Amerikanerin auf Nordeuropatour) und hat Geschichten zu erzählen. Aber sieben Stunden sind sieben Stunden und die können echt lang sein.

Der Flug nach Bergen dauert 45 Minuten.

Nur so als Vergleich.

Im Zug hörte ich – bis auf die Durchsagen – kein Wort Norwegisch. Mein Waggon wurde von einem älteren Amerikaner dominiert, der gutgelaunt und mit viel Volumen alle und alles kommentierte, erzählte, wohin er und seine Frau reisen würden und sich auch sehr für das  Leben seiner Mitreisenden zeigte. Ob die das nun mit ihm teilen wollten oder nicht.

Meine Sitznachbarin entschuldigte sich bei mir ständig für ihren polternden Landsmann.

“He is from Florida, you know. – He means well.” (Er ist aus Florida, du verstehst schon. Er meint es nur gut.)

Andere Waggons waren komplett in deutscher Hand – das Schwabenland schien geschlossen auf Hurtigruten-Tour zu gehen. Von Kopf bis Fuß in Jack Wolfskin gekleidet, schwäbelte sich Waggon 6 Richtung Bergen. Ich hatte viel zu lachen und viel zu lauschen und kam äußerst amüsiert in Bergen an.

Dort regnete es.

Logisch.

Über das Wetter in Bergen gibt es viele Witze, wie zum Beispiel den hier: Ein Tourist fragt einen Bergenser Jungen auf der Straße: “Sag mal, regnet es hier eigentlich immer?” Darauf der Junge: “Woher soll ich das wissen? Ich bin erst 13 Jahre alt.”

Ich war auf Regen vorbereitet. Nach einem kurzen Weg durch die Innenstadt erreichte ich mein Hotel in Nähe der Tyskebryggen, einem UNESCO-geschützen Holzhausviertel und einer DER Sehenswürdigkeiten der Stadt. Es war mittlerweile kurz vor 16 Uhr – aber vor Mitternacht sollte es eh nicht dämmerig werden, ich hatte also noch genug Zeit zum Sightseeing. Und die nahm ich mir dann auch. Mit der Floibahn rauf auf den Berg zur spektakulären Aussicht über die Stadt und die naheliegenden Inseln und Fjorde; über den Fischmarkt und am Hafen entlang; durch die übersichtliche Innenstadt rauf zur Johanniskirche; an die Tyskebryggen und wandern durch die engstehenden Holzhäuser mit ihren Werkstätten und Restaurants. Die Zeit flog dahin.

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Und ich war einfach so mit mir unterwegs. Das war toll! Ich liebe meine Familie und verbringe gerne viel Zeit mit ihnen oder mit Freunden – aber es war einfach mal toll, ganz allein bestimmen zu können, was ich wann, wo und wie mache. Und da mir mit mir selten langweilig ist, genoss ich diese Zeit ganz enorm.

Zurück im wunderschön restaurierten Det hanseatiske Hotel stand abends nur noch Lesen und Fernsehen auf dem Programm. (An dieser Stelle zwei Empfehlungen: Laut gelacht habe ich über die Komikerin und Musikerin Ingrid Bjørnov und ihr Programm “2012 Ouverturen” und unglaublich gerührt war ich von dem Film “Mannen fra Snåsa”, einem Dokumentarfilm über den norwegischen Heiler Joralf Gjerstad.)

Mein Zug ging am Sonntagmorgen bereits um 11.30, entsprechend früh stand ich auf, um noch die Bergen Festung zu besichtigen. Beim Frühstück traute ich meinen Augen nicht: Sonnenlicht flutete durch das Restaurant.

Sonne!

In Bergen!

Trip6

Die eng zwischen bewandeten Hügeln und Meer liegende ehemalige Hansestadt zeigte sich von ihrer Schokoladenseite – ich zückte ungläubig meine Sonnenbrille und lief am Hafen entlang Richtung Festung. Viel Spannendes gab es hier nicht zu sehen, aber ich erfuhr, dass es im Jahre 1665 “Der Kampf um Bergen” sozusagen vor meinen Füßen stattfand.

Was war geschehen?

Salopp gesagt war es ein Kommunikationsproblem: Eine Übereinkunft zwischen dem dänisch-norwegischen König Frederik III. und dem englischen König Charles II. hatte die neutrale Stadt Bergen nicht erreicht. Als eine Flotte holländischer Schiffe also Schutz im neutralen Hafen von Bergen suchte, gaben die Bergenser nicht, wie abgesprochen zwischen den Adligen, eines der Schiffe zum Überfall frei, sondern verteidigten ihre Neutralität gegen den vermeintlichen englischen Angreifer. Die englische Flotte gab sich, nach schweren Verlusten, geschlagen und Bergen verteidigte erfolgreich seine Neutralität und schützte das holländische Schiff.

Wie der König in Kopenhagen getobt hat, erfahre ich leider nicht.

Ähnlich der englischen Flotte machte ich mich nun, viel zu früh, auf den Heimweg. Mein siebenstündiger Rückweg wurde nicht nur durch eine Bergenser Skillingsbolle versüßt…

@www.seriouseats.com

…sondern auch durch Freundin Kerstin verkürzt, die witzigerweise im gleichen Zug saß.

Am Abend kam ich glücklich wieder in Oslo an. Denn, so schön es war alleine unterwegs zu sein, so schön war es auch, wieder nach Hause zu kommen.

Mein Fazit: Bergen ist absolut eine Reise wert – und zwar eine lange. Das nächste Mal will ich auf den Berg Ulrik klettern, eine Fjordtour machen, das Umland erkunden, ins Theater gehen und und und.

Dann werde ich aber unter Garantie das Flugzeug nehmen!

***

So, das war es für heute, meine lieben Leser! Der Sommer ist da, vielleicht nicht meteorologisch, aber dafür emotional. Zahlreiche Sommerfeste und Abschiede machen den Juni immer zu einem aufregenden Monat. Meine wöchentlichen Grüße gehen daher an alle, die in diesem Sommer Oslo verlassen – unter anderem Nina, David und Amelie, Sabine und Marie mit Kai und Julian, Sabine mit Lukas und Stefan! Schön, dass wir uns hier getroffen haben und alles Gute für Euch zurück in Deutschland. Ha det bra!

Der Blog und ich gehen jetzt für vier Wochen in Sommerpause. Meine lieben Leser, danke für Euer Lesen und Kommentieren – was wäre Neues aus Norwegen ohne Euch? Habt einen tollen Sommer mit vielen schönen Erlebnissen, mit viel Sonne und mit ganz viel Lachen!

Ha det bra og God sommer,

Bergen4

Ulrike

Ein Morgen im Postamt… ODER Was ist ein fossekall?

Ich kann mich nicht genau erinnern, wie es in Deutschland ist – in Norwegen ist ein Postamt auf jeden Fall eine Mischung aus Schreibwarenladen, Buchgeschäft und Dienstleistungsunternehmen. Was praktisch ist. Geht man blöderweise, so wie ich, an einem Montagmorgen zur Post, kann man die lange Wartezeit mit Lesen verbringen. Und kauft am Ende ein Buch, das endlich alle Geheimnisse lüftet…

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen. Da stehe ich also letzten Montag in einem Pulk briefsendungswilliger Menschen und langweile mich ein bisschen. Bedient wird gerade die Nummer 37. Puuh, ich habe 48. (In Norwegen muss man ja fast überall Nummern ziehen. Eine feine Sache, erspart es doch unsoziales und blaue Flecke verursachendes Rempeln.)

Ich blicke mich im Postamt um, bewundere erneut die Kämmfrisur des einen Angestellten, dem es mit ein paar strategisch gutgelegten Strähnen gelingt, seine kleine Glatze zu kaschieren. – Ein Stand mit Büchern sieht interessant aus. Hin da! Hm. Ein Strickbuch für Wischlappen. Eines für Socken. Ein Aufklappbuch über Dinosaurier. Ein Kinderbuch über Norwegen…

Oho.

“Norwegen – lustige und nützliche Fakten über unser Land!” prangt mir entgegen.

Meine Neugierde ist geweckt.

Anne B. Bull-Gundersen (was für ein Name) und Carina Ståhlberg zeigen, so der Klappentext, in einfachen Sätzen und Bildern ihr Norwegen. Einfache Sätze und Bilder – mein Buch, ganz klar. Mal sehen, was ich alles schon weiß über Norwegen.

Gleich auf der ersten Seite eine Wissenslücke. Ein dreifarbiger Vogel mit norwegischer Flagge im Mund ist abgebildet. „Norges nasjonalfugl“ steht unter der Zeichnung. Mehr nicht. Tja, was ist denn der norwegische Nationalvogel???? Ich blättere nach einer Lösung, aber das Buch lässt mich im Stich. Ich google “norsk nationalfugl”.

Aha! Der 1963 durch Abstimmung bei NRK gewählte norwegische Nationalvogel ist der fossekall.

Der was?

Jetzt google ich also “norwegischer Nationalvogel” und endlich weiß ich: Es ist die Wasseramsel.

Warum, wieso, weshalb werde ich später klären. Ich bin gerade mal auf Seite 1 des Buches und habe bereits Probleme, na prima! Weiter geht es durch die Seiten. Norwegische Geografie wird erklärt (wow, die insgesamte Küstenlänge samt Fjorden und Buchten beträgt….na, was denkt Ihr?….25.000 Kilometer!), Fischfang, Ölproduktion. Ich erfahre, dass in Norwegen über vier Millionen Hühner leben und der älteste Baum eine Tanne im Buskerud ist. Sie ist 485 Jahre alt. Wow, oder?

Weiter geht es mit Wasserkraft und einer unauffälligen Werbung für kvikk lunsj, die jeder Norweger ut på tur dabei hat. Norwegen hat fünf Millionen Einwohner (und vier Millionen Hühner…) und der Lieblingsmädchenname in 2008 war Linnea. Schöner Name!

Es gibt viel zu lesen in dem kleinen Buch, viele lustige Zeichnungen und unterhaltsame Fakten der Kategorie “Dinge, die man nicht wissen muss, die ich mir aber bestimmt merken werde!“ Vieles weiß ich schon, vieles noch nicht – wusstet Ihr beispielsweise, dass die Sprayflasche und der Tripp-trapp-Stuhl norwegische Erfindungen sind?

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Jaha!

Mein Auge fällt auf einen Text über Karamellkäse und ich fühle mich verstanden: “Siden brunost ikke ligner på andre oster, er det mange utlendinger som ikke forstår hva det er.” Genau, Ausländer gucken Brunost an und denken: “Häh?” In diesem Moment entscheide ich mich, das Buch zu kaufen. Befriedigt mit meinem Fund drehe ich mich zum Schalter. Bald müsste ich mit Nummer 48 an der Reihe sein. Bedient wird gerade….

Nummer 52!!!

Naja, ziehe ich eben einen neuen Zettel und lese weiter im Buch. Da stand, das Norwegen Kamele exportiert??!!

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So, das war es für heute, meine lieben Leser. Nein, ich bekomme keine Werbegelder norwegischer Buchverlage, aber manchmal empfehle ich Euch gerne Bücher, die ich hier in Oslo finde. Und nicht nur Bücher: Wer gerne auf unterhaltsame Art mehr über norwegische Geografie lernen möchte, für den ist vielleicht das Spiel “Norge rundt” eine gute Idee. So eine Art Deutschlandreise – nur in Norwegen.

Ich wünsche uns allen eine schöne Woche, entdeckt ein neues Buch, genießt ein altes und habt viel Spaß. Allen, denen es nicht gut geht, schicke ich ein Lachen hier aus Norwegen, haltet die Ohren steif! – Welche Bücher über oder aus Norwegen könnt Ihr empfehlen? Ich freue mich auf Eure Kommentare!

Ha det bra,

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Ulrike

Das Kongodorf im Frognerpark ODER In 100 Jahren ist alles vergessen?

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Es herrscht das Zeitalter der Selbstdarstellung: Dank Facebook, Twitter, YouTube oder Instagram können wir uns und unser Leben heute vor einem weltweiten Publikum ausbreiten. Und tun das auch. Millionenfach. Mit möglichst originellen Fotos, emotionalen, provozierenden oder alltäglich langweiligen Aussagen wetteifern wir um die kostbarste Währung unserer Zeit: Aufmerksamkeit. Werden wir dazu gezwungen? Im Gegenteil: Der Einblick in unser Privatleben erfolgt ganz freiwillig. Bereits 1914 kam es in Oslo zu einem Akt der Selbstdarstellung. Nur freiwillig, freiwillig war der wohl kaum: Achtzig schwarze Menschen waren Insassen eines im Frognerpark aufgebauten „menschlichen Zoos“. Jetzt, 100 Jahre später, wurde das „Kongodorf“ rekonstruiert.

Hallo, meine lieben Leser, schön, dass wir uns hier wieder treffen. Als im März diesen Jahres mit dem Bau großer Strohhütten im Frognerpark begonnen wurde, dachte ich zu allererst an kommende Dreharbeiten, dann an lustige Unterhaltung für die Festlichkeiten zum 17. Mai und wurde am Ende eines Besseren belehrt: Kunst mit politischem Hintergrund entstand vor meinen Augen. Worum ging es?

Blicken wir hundert Jahre zurück.

Oslo, 1914: Die Stadt will mit großem Pomp und Trara das 100jährige Bestehen des norwegischen Grundgesetzes feiern. Benno Singer, erfahren mit Dingen dieser Art, wird beauftragt, im Frognerpark einen Jahrmarkt mit Attraktionen aller Art zu organisieren. Neben einer Achterbahn und einem Pantomimentheater plant der geschäftstüchtige Impresario auch ein „lebendiges Dorf“ im Park. Seit der Internationalen Ausstellung in Brüssel 1897 gehörten Nachbauten afrikanischer Dörfer zu den festen, und sehr populären, Bestandteilen einer derartigen Veranstaltung. Der Kolonialismus und die europäische Dominanz von Ländern wie Belgien, Frankreich oder England schürten ein voyeuristisches Interesse am afrikanischen Kontinent. Der Originalplan, in Oslo ein „lebendiges Dorf“ mit Sami (der norwegischen Urbevölkerung) aufzubauen, wurde vom Leitungskomitee abgelehnt und so griff Singer zurück auf das schon bekannte und bewährte Programm: Das „Kongodorf“ entstand.

Vom 15. Mai bis 11. Oktober 1914, während der Rest Europas kopfüber in den Terror des 1. Weltkriegs fiel, bestaunten fast 1,4 Millionen Besucher in Oslo den sogenannten menschlichen Zoo. Achtzig schwarze Männer und Frauen, Erwachsene und Kinder, präsentierten sich in einheimischen Trachten zwischen „typischen“ Haushaltsgegenständen, Schmuck, Waffen und religiösen Requisiten, um ein Bild vom „echten“ Leben in Afrika darzustellen. Es wird vermutet, dass die Senegalesen Mitglieder einer durch Europa tingelnden Schauspielertruppe waren, genau bekannt ist ihre Herkunft aber nicht. Die Norweger amüsierten sich auf jeden Fall größtenteils prächtig und die Zeitung Aftenposten titelte: „So lustig!“

Karikatur von 1914

@oslobilder.no

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Zurück in die Gegenwart….

Oslo, 2014: „In 100 Jahren ist alles vergessen!“, rief der norwegische Dichter Knut Hamsun legendär dem Gericht entgegen, das ihn wegen Landesverrats verurteilen wollte. Aber ist in 100 Jahren alles vergessen? Der aus Somalia geflüchtete und in Norwegen lebende Künstler Mohamed Ali Fadlabi und der schwedische Künstler Lars Cuzner sagen: Nein. Und bewerben sich mit einem Kunstprojekt für das 200jährige Jubiläum des norwegischen Grundgesetzes. Ihre Idee: Das „Kongodorf“ im Frognerpark zu rekonstruieren. Ihre Motivation: An den norwegischen Rassismus von 1914 zu erinnern und zu fragen, was sich verändert hat. Ob sich etwas verändert hat. Oder ob einige der Ansichten von damals noch heute aktuell sind.

Unter der Schirmherrschaft von KORO (Kunst i offentlige rom) entsteht das Projekt European Attraction Limited. Über 1 Million norwegische Kronen werden den Künstlern zur Realisierung zur Verfügung gestellt. Während die Bauarbeiten im Frognerpark beginnen, beginnt auch die Diskussion in den Medien. Kontrovers, versteht sich. Während die eine Seite ein unangenehmes Detail norwegischer Geschichte vergessen will, fordert die andere die Konfrontation damit.  Die äthiopische Schauspielerin und Aktivistin Hannah Wozene Kvam erklärt gegenüber Aftenposten: „Norwegen will es vielleicht nicht vergessen, der Kongo aber ganz bestimmt!“ Beim sozialen Netzwerk Twitter empören sich die Menschen unter #someonetellnorway darüber, dass in Norwegen ein menschlicher Zoo etabliert werden soll. Erst nach einigen Tagen kommt es zur Klarstellung, dass ein Dorf mit Strohhütten zwar aufgebaut werden wird, dort aber keine Menschen leben werden.

Obwohl, so ganz von der Hand zu weisen ist die Unterstellung nicht. Gerüchten zufolge war der Plan der beiden Künstler schon, die Hütten bewohnen zu lassen. Die Ablehnung dieser Idee durch das Jubiläumskomitee erfolgte wohl aber auf dem Fuß.

Wie präsentiert sich das Kunstwerk also?

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Auf einer Wiese im Frognerpark, genau gegenüber des Kanvas-Kindergartens: Ein gewaltiges, rotes Tor mit der Überschrift „Kongolandsbyen“ (Kongodorf),  vor dem die Flaggen Norwegens und Belgiens wehen, führt die Besucher zu zehn leer stehenden Strohhütten. Vorne am Tor eine Erklärung des Projekts und das Gedicht von Knut Hamsun In 100 Jahren ist alles vergessen. (Dass ausgerechnet ein norwegischer Dichter, der Hitler und den Bau von Konzentrationslagern verteidigte, hier auftaucht, lässt mich immer noch grübeln.) Während zwei Kinder in der langgezogenen Hütte Fangen spielen, wandere ich von Hütte zu Hütte und bin ratlos.

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Beklommen soll mich der Besuch werden lassen und mir den immer noch existierenden Rassismus in Norwegen deutlich machen, las ich in VG (nur Norwegisch). Aber ist und war Norwegen wirklich rassistischer als andere europäische Länder? Die Frage bedeutet ja nicht, dass das Thema nicht hochaktuell ist und behandelt werden sollte. Sich aber ein „Kongodorf“ als Sinnbild für norwegischen Rassismus zu nehmen, das so oder in abgewandelter Form in vielen europäischen Ländern zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu finden war, ist das nicht übertrieben? Dagbladet (nur Norwegisch) schlug vor, dass sich die Besucher gegenseitig betrachten sollen, da wir heutzutage alle Teilnehmer in einem „lebendigen Dorf“ sind.

Vielleicht gibt es Besucher, die das eine oder andere empfinden beim Gang durch das öffentliche Kunstwerk. Mir fehlt ein klares Konzept und die konsequente Durchführung: Warum nicht Freiwillige in die Hütten setzen, die sowohl die Vergangenheit als auch die Gegenwart präsentieren? Die die Fragen um Rassismus und Voyeurismus von 1914 mit denen von 2014 verbinden? DAS würde mich nachdenklich machen. Leere Hütten? Nee, leere Hütten bringen es nicht.

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So, meine lieben Leser, das war es schon für heute. Rassismus in jeder Art darf keinen Platz in unserer Welt haben. Angst zu haben vor dem, der fremd ist; sich überlegen zu fühlen und dabei in Wahrheit unterlegen zu sein; sich mit rassistischen Kommentaren in einem der Selbstdarstellungsmedien als besonders witzig zu präsentieren…das alles ist armselig und dumm. Wünschen wir uns also weniger dumme Menschen in der Welt und ein besseres Miteinander! Und nicht nur wünschen: Arbeiten wir daran!

Ha det bra,

...ein weiterer Akt der Selbstdarstellung...

…ein weiterer Akt der Selbstdarstellung…

Ulrike

P.S. Wer sich selber ein Bild machen will: Noch bis zum 31. August kann „Kongolandsbyen“ im Frognerpark besichtig werden.

Das Kinderkunstmuseum in Oslo ODER Kunst von Kindern für Kinder (und Erwachsene)

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Der Weg führt die Treppe hinunter in einen kleinen Garderobenraum, wo wir unsere Sandalen gegen gemütliche Hausschuhe in allen Farben des Regenbogens tauschen. Vom kleinen Kassenraum aus geht es dann die Treppe hinauf – und eine neue Welt offenbart sich: Die Wände sind bedeckt mit farbenprächtigen Zeichnungen und Malereien, überall stehen bunte, kleine Statuen, verrückte Spielzeuge und über uns hängen exotische Pflanzenstränge. Plötzlich sieht man sich selbst inmitten dieser fantastischen Welt im Spiegel an der Wand. Und ist sprachlos.

Hallo, meine lieben Leser. Schön, dass wir uns hier wieder treffen! Das Kinderkunstmuseum scheint ein gut gehütetes Geheimnis in Oslo zu sein, denn hätte ich gewusst, was mich erwartet, wäre ich schon vor langer Zeit dort gewesen. Aber bis auf ein kleines Schild an der Straße hält sich das Museum bedeckt.

Von afrikanischen Trommelklängen werden wir in die zweite Etage gelockt. Eine Gruppe Kindergartenkinder lauscht einem grauhaarigen Mann und seinem Trommelspiel. Später unterhalten sie sich über Kunst. „Was ist das überhaupt: Kunst?“, will der Pädagoge wissen. „Bilder, die man anguckt und schön findet!“, antwortet ein Junge. Da hat er hier im Museum viel zu tun. Ich bin beeindruckt von den Kunstwerken, die Kinder und Jugendliche im Alter von 3 bis 18 Jahren geschaffen haben. Schulen, Familien, Kunstakademien aus 185 Ländern haben zu der gewaltigen Sammlung des Museums beigetragen – nur ein Bruchteil ist ausgestellt.

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Das Kinderkunstmuseum ist ein Pionier der Kunstwelt. Gegründet 1986 von der Stiftung für Kindergeschichte, Kinderkunst und Kinderkultur war es die Idee des russischen Filmmachers Rafael Goldin und seiner Frau, der Ärztin Alla Goldin. Heute leitet Tochter Angela das weltweit erste Museum von Kindern für Kinder (und Erwachsene).

Rafael Goldin formulierte es so: „Kinder sind ein eigenes Volk, sagt man. Aber ein Volk kann nicht ohne Kultur existieren. Kinder sind das Volk, denen die Zukunft gehört. Und dieses Volk muss ein Recht haben auf seine eigene Sprache, seine eigene Kultur, seine Kunst und seine Geschichte.“ Aus diesem Anspruch entwickelt das Museum seine Aufgaben: Es will die Kunst der Kinder der ganzen Welt bewahren, durch Projekte und Kunstangebote neue Kunst schaffen und die Kunst der Kinder vermitteln.

Ein großes, asiatisches Kindergesicht blickt den Betrachter an. Dicke, blaue Tränen kullern über die rosa Wangen. Mama, jeg vil hjem! (Mama, ich will nach Hause) heißt das Bild einer neunjährigen Chinesin. Ich muss schlucken und Miriam scheint es ähnlich zu gehen. Viele der ausgestellten Bilder sind so eindrucksvoll, dass es berührt. Hier sieht man die Welt wirklich aus den Augen der Kinder. Ihre Lebensumstände, ihre Ängste, ihre Freuden. Wie in der Ausstellung Daddy World Wide: Kinder auf der ganzen Welt wurden eingeladen in Bildern auszudrücken, was ein Vater ist oder sein sollte. Eine Kohlezeichnung zeigt einen Mann mit nacktem Oberkörper, der ein Baby auf dem Arm hält. Eine riesenhafte Männerfigur steht zwischen einem Kind und einer Gruppe älterer Kinder. Ein Vater steht hinter seinem Sohn und hilft, die gewaltige Angelbeute ins Boot zu ziehen. Ein Mann mit knallrotem Kopf brüllt Richtung Betrachter.  Kinder haben hier das Recht, sich auszudrücken. In allen Aspekten ihres Lebens.

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Die Qualität der Bilder ist erstaunlich: Alle Kunstrichtungen sind vertreten und auch wenn die jungen Künstler nicht an das britische Wunderkind Keiron Williamson heranreichen – sie haben ihre eigene Bildersprache gefunden. Hier haben Kinder bestimmt, was ihnen am Herzen liegt und wie sie es ausdrücken wollen. Die Stilmittel sind in den Kulturen unterschiedlich, die Themen sind es nicht. Kinder von Alaska bis Australien nehmen Kunst als Mittel der Kommunikation. Ein verbindender, beruhigender Gedanke, der Hoffnung auf die Zukunft macht.

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Die letzte Treppe führt uns in eine Schatzkammer. In einem abgedunkelten Raum  mit hoher Decke finden sich Puppen, Spielzeuge, Masken aus der ganzen Welt. Jede Ecke, jede Fläche ist bedeckt mit den bunten Weltreisenden. Dicke Teppiche und bunte Sitzkissen laden zum Bleiben ein. Ein Glasprisma am geöffneten Fenster spiegelt das Sonnenlicht und schickt glitzernde Lichtflecke in den dunkleren Raum. Vogelzwitschern füllt die Luft. Ein Raum wie aus 1001 Nacht. Ich könnte ewig bleiben. Unten, im kleinen Museumsshop, entscheide ich mich für drei Postkarten, bevor wir die bunten Pantoffeln ausziehen und zurückkehren in unsere Welt.

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Das war es schon für heute, meine lieben Leser! Kommt in das Kinderkunstmuseum in Froen (Lille Froens vei 4, T-bane Linie 1: Froen Station), wenn Ihr in Oslo seid – für mich ist es das spannendste und schönste Museum, das die Stadt zu bieten hat. Ich wünsche Euch allen eine tolle Woche mit Sonne, Lachen und dem kleinen bisschen Extra. Meine wöchentlichen Grüße gehen diesmal an die tapferen Camper am Heidesee in Soltau – ich wünsche Euch ganz viel Sonne für die letzten Tage! Abschließend noch ein Satz des Malers Henri Matisse:

„Du musst ein Kind bleiben, solange du lebst…“

Ha det bra,

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Ulrike

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Ein erstes Treffen mit Edvard Munch ODER Ich hasse Alpträume!

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Irgendwie schlafe ich in den letzten Nächten schlecht. Entweder greifen mich schwarze Riesenhunde an, ich verlaufe mich auf schier endlosen Hotelfluren oder ich stehe mit knurrendem Magen vor einem leeren Kühlschrank. (Das ist gruuuselig!!!!) Nun könnte man das analysieren.

Ja, könnte man.

Man könnte sich aber auch so richtig darin suhlen…

..und das Munch-Museum und die alptraumhafte Welt von Norwegens berühmtestem Maler besuchen. Frei nach dem Motto: Wenn schon, denn schon.

Hallo, meine lieben Leser, schön, dass wir uns hier wieder treffen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass es sich um meinen ersten Besuch handelt. So sehr ich Kunst schätze – Edvard Munch reißt mich nicht vom Hocker. Na gut, aber heute Morgen war eh schon alles egal. (Ich bin mir nicht sicher, ob das der passende Ansporn war, aber ich hatte keinen anderen.)

Edvard Munch gehört neben Ibsen und Grieg zu den Fundamenten norwegischen Kulturstolzes. Anscheinend lässt sich gute Laune und ernstzunehmende Kultur schlecht vereinen, denn weder bei Munch noch bei Ibsen gibt es viel zu lachen. Das scheint aber niemanden groß zu stören und meine Meinung zählt irgendwie nicht. Das ist nicht richtig! Kunst darf unterhalten, jawohl, das muss sie sogar! Finde ich. Aber zurück zum Thema: Munch lebte von 1863 bis 1944, sein Leben und seine Kunst geprägt vom frühen Tod seiner Mutter und Schwester, psychischen Problemen und Alkoholmissbrauch. Nach abgebrochenem Ingenieurstudium widmete er sich mit aller Ernsthaftigkeit der Malerei. Seine Bilder wurden stark kritisiert, aufkommende gesundheitliche Probleme vereinfachten das Leben nicht. Doch Munch gibt nicht auf. Sein Ansehen stieg und heute wird er als Vorbereiter des Expressionismus angesehen und gefeiert.

Einen der wichtigsten Maler aller Zeiten zwei Jahre lang zu ignorieren ist frevelhaft und so steige ich um halb elf in die T-Bane Richtung Tøyen, im Osten der Stadt. Vor dem betongrauen Museum blühen die Kirschbäume. Wie schön.

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Eine kunstbegierige Gruppe sammelt sich an den noch verschlossenen Eingangstüren und eine besonders eifrige Besucherin tritt sogar probeweise mit dem Stiefel gegen die Glastür. Was an deren geschlossenem Zustand nichts ändert. Ich betrachte die rosafarbenen Kirschbäume und habe jetzt schon keine Lust auf depressive Malereien.

Ich bin aber auch schlecht drauf heute!

Nicht nur das Baby sondern auch ich gebe mir einen innerlichen Ruck. In solchen Fällen hilft nur ein Deal: Hinein mit offenem Geist und hinterher ein Stück Kuchen zur Belohnung.

Sofort geht’s mir besser.

Die norwegischen Sicherheitsbeamten haben ein Einsehen mit der kulturbegeisterten Menschenansammlung – und mir. Die Türen öffnen sich. Doch anstatt dass wir rein dürfen, tritt erst mal ein Sicherheitsbeamter heraus. Was folgt ist eine fünfminütige Einweisung in „Wie man sich in einem Museum verhält“, mit dem ausdrücklichen Verbot, den Schrei zu fotografieren und dem Hinweis, dass wir alle durch einen Sicherheitscheck müssten. Und das hat seine Vorgeschichte: Am 22. August 2004 stürmten nämlich drei bewaffnete Männer das Museum, bedrohten Wächter und Besucher, rissen die ungesicherten Gemälde Der Schrei und Madonna von der Wand und flohen. Das dieser Diebstahl etwas zu einfach ging, sahen dann auch die Verantwortlichen des Museums ein und installierten in den kommenden 12 Monaten ein Fort Knox –fähiges Sicherheitssystem.

Besser spät als nie.

Die gestohlenen Gemälde wurden übrigens zwei Jahre später von der norwegischen Polizei sichergestellt und drei Norweger im Alter von 34 bis 37 Jahren zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

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Dank dieser drei Ganoven entledige ich mich nun meines Gürtels und verstaue Jacke und Handtasche in hellen Plastikboxen, die in der Tiefe eines Röntgenapparats verschwinden. Ich werde als ungefährlich eingestuft und darf durch zwei schleusenartige Türen endlich ins Innere des Kulturtempels. Dort begebe ich mich auf die Suche nach einer Bank oder ähnlichen Sitzgelegenheit. Erstens will das mitgelieferte Programmheft studiert werden und außerdem sitze ich am Anfang gern in Museen und lasse den Raum auf mich wirken.

Nicht hier. Es gibt keine Sitzmöglichkeit.

Ich streife durch die Räume und entdecke ganz am Ende, kurz vor dem Ausgang, einen riesigen Schreibtisch mit Hockern und Büchern.

Ahhh, besser.

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Die momentane Ausstellung, durch die ich so ignorant gegangen bin, heißt Gjennom naturen (Durch die Natur) und ist eine Zusammenarbeit des Museums mit dem Naturgeschichtlichen Museum Oslo, das sich gleich gegenüber befindet. Munchs Gemälde, Zeichnungen und Lithografien werden in sechs Räumen verbunden mit Disziplinen wie Geologie, Paläontologie, Kosmologie, Zoologie und Botanik. Dafür hat das Naturwissenschaftliche Museum, das dieses Jahr 200jähriges Bestehen feiert, verschiedenste Exponate zur Verfügung gestellt. Ausgestopfte Hirsche und Bären, Fossilien und Zeichnungen treffen auf Munchs Kunst.

Ich sitze gemütlich an dem riesigen Schreibtisch und bin…

…gelangweilt.

ICH WEISS!!!!!

Shame on me!

Eine Kulturwissenschaftlerin mit Kunst als Nebenfach sitzt gelangweilt im Munch-Museum.

Es ist aber so: Ich kann Ausstellungen nicht leiden, die so kopf- und textlastig sind. So interessant ich das Konzept auch finde, es lockt mich nicht weg von meinem Hocker. Stattdessen male ich Blumen in mein Notizbuch und beobachte andere Besucher. Manche scheinen die Ausstellung auch nicht fesselnd zu finden und verlassen die Räume nach kurzer Zeit Richtung Ausgang. Ich blättere in einem der ausgelegten Bücher mit dem Titel The Art Instinct, in dem Kunst und Evolution in Verbindung gesetzt werden. Spannend. Doch plötzlich ertönt eine Stimme in meinem Kopf.

M.G. (mein Gewissen): „Halloooo!? Du bist hier wegen Edvard Munch!“

Ich: „Hmhj.“ (blätter, blätter)

M.G. schneidend freundlich: „Und – falls ich fragen darf – wie viele seiner Gemälde oder Zeichnungen hast du bereits gesehen?“

Ich (blicke mich im Raum um): „Das da. Blumenvase. Hübsch.“

M.G. gezwungen geduldig: „Meinst du nicht, dass du vielleicht noch ein paar mehr ansehen solltest?“

Ich (meinen Bauch vorschiebend): „Och, die sind ja alle so weit weg. Das ist ja anstrengend.“

M.G. kurz die Fassung verlierend: „Wirst du wohl dein Baby nicht als Ausrede nutzen??? – Jetzt reicht es mir aber. Hoch da vom Stuhl und hin zum Schrei. Und mit ein bisschen Begeisterung, wenn ich bitten darf! Zack, zack!“

Kurze Zeit später stehe ich in einem dunklen Raum und gucke auf Munchs berühmtestes Werk. Die Angst des modernen Menschen wollte der Norweger mit seinem Gemälde angeblich ausdrücken. Mich deprimiert das Motiv einfach nur, glücklicherweise habe ich neben mir einen vierjährigen Jungen, der auf seine ganze eigene Art mit dem Kunstgenuss umgeht: Nach kurzer Betrachtung lässt er sich, die gleiche Pose einnehmend, zu einem wändeerschütternden Schrei hinreißen, der mich entzückt und die Wächter in Alarm versetzt. Ich könnte das Kind knutschen. Beschwingt und gutgelaunt arbeite ich mich durch den Rest der Ausstellung und  lese beispielsweise über Munchs Verhältnis zum Leben:

„Up from my rotting corpse flowers will rise and blossom, and I will be in them – immortal.“

Ein kurzer Stop vor dem Gemälde Madonna, das Bildnis einer halbnackten Frau, das gerade einer Klasse von 13jährigen unter kunsthistorischem Aspekt erklärt wird.

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Die vernebelten Blicke der pubertierenden Jungen lassen mich am pädagogischen Effekt zweifeln. Schon wieder was zum Schmunzeln, prima. Ich umrunde die Herde ausgestopfter Tiere, betrachte die sommerlichen Bilder, die Munch in Ekely, seinem letzten Wohnort, gemalt hat …

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…– und bin am Ende der Ausstellung. Mein Gewissen gibt sich murrend geschlagen. 40 Minuten, immerhin.

Der Museumsshop bietet keine Verlockungen und um kurz nach 12 stehe ich wieder an den blühenden Kirschbäumen.

Das ist wohl, ohne Übertreibung, einer der schlimmsten Museumsberichte, der jemals verfasst worden ist. Vielleicht waren meine Alpträume gepaart mit Vorurteilen nicht die beste Kombination für einen erfolgreichen Museumsbesuch. Lasst Euch aber nicht von mir abhalten: Ist man in Oslo MUSS man das Munch-Museum einmal besucht haben. Ist einfach so. Ich kann nun einen Haken auf meiner To-do-Liste machen und das ist ja auch irgendwie befriedigend.

Hoffentlich träume ich dann heute Nacht nicht von der schreienden Munch-Figur!

Das würde ja gerade noch fehlen.

Das war es für heute, meine lieben kunstvollen Leser. Nächste Woche beginnt mein Mama-Yoga-Kurs und ich verspreche unterhaltsame Berichterstattung. Euch allen wünsche ich nur schöne Träume, dass Ihr Euch manchmal selber in den Hintern treten könnt und eine schöne Woche. Das Kubb-Spiel der letzten Woche geht an meine Freundin Barbro, die mit dem Foto eines plüschigen Picknicks den Preis mehr als verdient hat! Viel Spaß!!!

Ha det bra,

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(Herr Munch und ich… er scheint von mir so begeistert wie ich von ihm…)

Ulrike