Heute wird sich mal Luft gemacht ODER Jeder bitte nur ein Kreuz!

Manchmal, da muss man sich Luft machen. Das tut gut, reinigt Körper und Seele und hinterher lässt man sich mit einem erleichterten Seufzer auf’s Sofa fallen. Oder einen Stuhl. Naja, was Ihr eben so habt. Oder man. Oder ich. Also, los geht’s:

*Räusper*

*Luft holen*

*Brüllen*:

WEM ES HIER IN NORWEGEN NICHT GEFÄLLT, DER SOLL DOCH EINFACH GEHEN!!!!!

Herregud!

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen. Wir Deutschen sind ein Volk von Meckerern und Besserwissern, das ist nun einmal so, da können wir nichts zu, das ist genetisch und Schluss. Es bedeutet aber nicht,  dass ich es auch gern um mich habe.

WER hat schon gern Gemecker um sich herum?

Wie schon oben gesagt, tut es gut, sich Luft zu machen. Nur im Roman gibt es perfekte Orte voller Glück. Hier, in der Realität, müssen wir uns eben arrangieren. Selbstverständlich hat jeder das Recht auf Kritik. Ohne Kritik gäbe es keine Veränderung. Aber zwischen konstruktiver Kritik und partypupsendem Rummeckern liegen Welten. Und wenn ich dann in Norwegen, wo uns (fast) allen die Sonne aus dem Hintern scheint, mit Gemecker über eben dieses Land konfrontiert werde – da bin ich irritiert. Und zwar sowohl im deutschen als auch im (etwas anders geschriebenen) norwegischen Sinn, wo irritert „gereizt“ bedeutet. Gereizt und irritiert lausche oder lese ich also von Nicht-Norwegern. Die hat anscheinend eine böse Fee in dieses schreckliche Land hier im Norden getrieben. Und da sitzen sie nun, unglücklich, meckern an allem herum und verpesten die Luft.

Zu teuer sei es hier, die Norweger zu unfreundlich, die Sprache zu schwierig, das Wetter zu schlecht. Das Essen ungenießbar, die Supermärkte leer, unter 21 gibt es keinen Alkohol und Hallo, was ist los mit diesen bekloppten Abiturienten? Überall schreien Kinder, die werden übrigens auch nicht richtig erzogen und was wollen überhaupt die ganzen Schweden und Polen hier? Im Fernsehen läuft nur Schrott, im Theater ist alles langweilig, Oslo ist nicht zu vergleichen mit anderen Hauptstädten und wieso gibt es hier so viele Deutsche? In den USA/Frankreich/Deutschland/Spanien/(bei Bedarf weitere Länder einfügen) war und ist alles besser, dort sind alle freundlich und das Leben lebenswert. Die Norweger diskutieren nicht und sind unhöflich, Männer lernt man hier nur kennen, wenn sie betrunken sind, außerdem halten Norweger sich für was Besseres. Die Müllsortierung ist ein Witz, Oslo hat nur ein Freibad und das Essen besteht aus Salz. Die Politik ist arrogant, die Monarchie überflüssig, die Steuern sind zu hoch, die Berge zu niedrig und wo – bitte schön – ist eigentlich der Strand?

IHR seid erschöpft vom Lesen?

Na, fragt mich mal. Die Sätze habe ich teilweise in sozialen Medien gefunden, in Kommentarfeldern verschiedener Zeitungen oder ich habe sie live gehört (manches war für meine Ohren, anderes habe ich erlauscht. Macht ja nichts.)

So, nun überlege ich:

1. Hat Norwegen alle Flughäfen, Bahnhöfe oder Häfen geschlossen?

Nein.

2. Hat die norwegische Regierung Ausländern die Ausreise verboten?

Nein.

– Streiken die Bahn, der Flughafen oder die Fähranbieter?

Nein, im Moment nicht.

Na, das sind doch gute Neuigkeiten für alle Mammut-Marathon-Meckerer!! Denn jetzt kommt mein unglaublich toller Vorschlag:

HA DET!!

TSCHÜÜÜSS!!

Reisende soll man nicht aufhalten!

***

So, jetzt habe ich mir Luft gemacht. Hach, das war prima. Versucht es doch auch mal.

Ich wünsche Euch allen ein tolles Wochenende, betrachtet das Leben mal wieder aus einer anderen Perspektive, versucht zu ändern, was Ihr nicht mögt und schätzt, was Ihr habt.

Ha det,

Neue Perspektive...

Neue Perspektive…

Ulrike

Von Frühstücksbuffets, sitzenden Königen und warnendem Gewissen ODER Es ist Nationalfeiertag!

dagbladet.no

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Ich esse nie wieder etwas. NIE WIEDER. Mein Hosenbund ächzt, mein Magen schließt wegen Überfüllung und mein Gewissen nervt: „Und ich sage noch, dass du das Stück Kuchen nicht essen sollst – nach all den Würstchen!“ – Alle Jahre wieder. Willkommen zum 17. Mai!

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen. Der Mai hat es feiertagstechnisch in sich, aber da wir am 1. Mai nicht demonstrieren und am 14.5. nicht betrunken unterm Bollerwagen lagen, konnten wir am norwegischen Nationalfeiertag alle Kräfte nutzen. Der „syttende Mai“, wie er hier heißt, ist ein riesiges Volksfest mit Parade und wir haben ihn dieses Jahr ganz traditionell gefeiert. Oder sagen wir, wir haben uns bemüht, ihn ganz traditionell zu feiern. Langjährigen Norwegenbewohner oder riktige nordmenn erlaube ich hiermit die offizielle Kritik im Kommentarfeld!

Es begann mit einem köstlichen Frühstück um 10 Uhr – pünktlich zum Start der Parade live auf NRK 1, dem größten norwegischen Fernsehsender. Während auf der Karl Johans gate die Königliche Garde exerzierte und Waffen schwang, schwangen wir Besteck und Weingläser. Auf einer – selbstverständlich mit den norwegischen Farben – geschmückten Tafel warteten Rührei, Lachs, Roastbeef, Kartoffelsalat, Brötchen, Käse, Erdbeeren, Blaubeeren, Himbeermarmelade und ein gut gekühlter Weißwein. Ich liiiiebe Brunch/Frühstück/17. Mai-Buffet, vor allem, wenn am Ende der Kransekake aufgetischt wird.

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Glücklich mummelnd verfolgten wir den Auftritt der Königsfamilie auf dem königlichen Balkon. Der Osloer Himmel war grau, die Temperaturen kühl und statt in bunad, der norwegischen Tracht, präsentierten sich Königin Sonja und Kronprinzessin Mette-Marit in Trenchcoat und Hut. Erstmalig standen den königlichen Vielwinkern dieses Jahr Stühle zur Vefügung – naja, ok, das Königspaar ist nicht mehr jung und das Kronprinzenpaar anscheinend schon vom frühmorgendlichen Kinderumzug in der Heimatgemeinde geschwächt. (Unter uns: Elizabeth II. hätte gestanden. Da ist die knallhart. Aber gut. Schwamm drüber.)

Die Kinder jubelten immer noch der, mittlerweile sitzenden, royalen Gruppe zu, als wir unser Frühstücksgelage beendeten und beschlossen, ebenfalls zum Schloss zu wandern. Von uns aus geht man nur eine Viertelstunde, die Parade hatte gerade mal 31 von 106 Schulen hinter sich, da hatten wir noch genug Zeit. Zur Feier des Tages trug Martin Krawatte, ich Jackett und Gesa ihr rotweißgepunktetes Taufkleid – außerdem schmückte die norwegische Flagge den Kinderwagen und zwei rot-weiß-blaue Rosetten unsere Jacken. Am 17. Mai durch die Stadt zu gehen ist auch ein Sehen und Gesehen werden. Hübsche Norwegerinnen in wunderschönen Trachten spazierten an uns vorbei und auch mancher Mann hatte sich in die Tracht seiner Heimatregion geworfen. Obwohl, laut norwegischem Freund Magnus, sollte man das mit den Trachten nicht so ernst nehmen.

Ich dachte immer, es wäre ungeschriebenes, aber nicht weniger harsches, Gesetz, dass man nur die Tracht seiner „Heimat“ tragen dürfte. Was aber, so die berechtigte Frage, wenn die Tracht aus der Heimatregion eher nicht so attraktiv ist? Nun kann man ja niemandem eine hässliche Tracht aufzwingen. Die Lösung sieht so aus: Entweder man hat dann eben keine Tracht oder man schafft sich eine mehr oder weniger schwammige Verbindung zu einer Region mit akzeptabler Bekleidung: „Die Mutter des Onkel meines Schwippschwagers kommt vom Nordfjordklar, dass ich auch diese Tracht trage!“

Auch meine wohlüberlegte Vorsicht, ob und welche Tracht Ausländer am 17. Mai tragen dürften, wurde als zu ernsthaft bewertet. Auf jeden Fall, da bin ich sicher, darf Gesa mit gutem Gewissen die Tracht der norwegischen Hauptstadt tragen – schließlich ist sie hier geboren.

Am Schloss angekommen, warfen wir einen ersten Live-Blick auf den königlichen Balkon, Gesa schäkerte in der Zeit mit der NRK-Moderatorin, die in einem abgesperrten TV-Bereich nahe der Parade saß. Mit lautem Getöse und einem sehr motivierten Musikzug wanderten die Schüler der…äh….was soll das hier heißen?….ich kann meine Notizen nicht lesen. Mal wieder! Also Schüler einer norwegischen Schule zogen winkend und „Hipp hipp hurra“-rufend im Paradezug an uns vorbei. Der jährliche Umzug ist schön und bunt und fröhlich – aber nach ca. 15 Minuten etwas langweilig. Es sind dann eben doch immer nur Kinder in diversen Outfits und die sie begleitenden Erwachsenen. Aber für diese 15 Minuten finde ich es immer wieder toll und jubele begeistert mit!

Um uns herum knipsten Touristen unzählige Bilder (einfach zu erkennen an der so gar nicht festlichen Kleidung), in Trachten gehüllte 20jährige Norwegerinnen schwenkten Bierdosen und Kinder schleckten glücklich am obligatorischen Festtags-Eis. Die Stimmung war am Kochen! Trotz der Menschenmenge trafen wir gleich zweimal auf bekannte Gesichter – das ist dann wieder typisch Oslo, dachten wir, und einer der Gründe, warum uns die Stadt gefällt.

Der Weg zurück nach Hause war bereits mit einigen Bierleichen gepflastert. Ich kann ja so richtig fies gucken – und mein Mörderblick galt vor allem den jungen, besoffenen Mädchen, die mir entgegengetorkelt kamen.

Nicht, dass die das in irgendeiner Weise interessiert oder gestört hätte.

Macht nichts, mir hat es gut getan.

Genauso gut, wie das Krone-Is, Schokoeiswaffel mit Vanilleeis, das wir uns natürlich holen mussten, um den Feiertag stilgerecht zu begehen.

Da wir ja so lange nichts gegessen hatten, wurden zurück am heimatlichen Tisch erstmal pølser og lompe serviert. Was wäre ein 17. Mai ohne das norwegische Nationalgericht? Mittlerweile war unsere Tischrunde gewachsen, von unseren Bäuchen ganz zu schweigen und bis auf Gesa zeigten alle langsam Ermüdungserscheinungen. Also wieder raus – diesmal eine Runde in den Frognerpark.

Wie herrlich ruhig war es hier! Was für eine nette Abwechslung zum Getöse am Schloss!

Zurück am Tisch im heimatlichen Wohnzimmer taten wir was?

Essen – na, sicher! Diesmal Claudias 17. Mai – Pavlova, superschön anzusehen und noch besser zu essen.

Foto: Magnus Andersen

Foto: Magnus Andersen

Nach dem zweiten Stück schaltete mein Körper den Alarm an. Aber es ist doch so lecker, argumentierte ich! Genug für heute, rief mein Körper. Widerwillig gab ich mich geschlagen, verabschiedete müde den lieben Besuch, die letzten Kräfte reichten gerade noch zum Aufräumen, dann fielen wir aufs Sofa und ich dachte nur noch:

Ich esse nie wieder etwas. NIE WIEDER!

Same procedure as every year!

***

Das war es für heute, meine lieben Leser! Für alle in der Ferne: Kommt doch auch mal zum Nationalfeiertag nach Norwegen! Oder habt Ihr in der Ferne gefeiert? Und für alle im Lande: Wie sah Euer syttende mai aus? Erzählt doch mal!

Ich wünsche Euch allen ein schönes Pfingstfest, eine tolle Woche und immer einen Grund zum Feiern.

Ha det godt,

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Ulrike

Das Norwegische Maritimmuseum auf Bygdøy ODER Chill out unter Wasser…..

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Eine riesige Qualle schwimmt links an mir vorbei und erinnert mich an eine Braut im weißen Kleid unter Wasser. Rechts wächst eine Seeanemone in rasender Geschwindigkeit, während über mir ein Buckelwal singt. Entspannung pur. Hier bleibe ich – für immer. Genau hier auf diesem unglaublich gemütlichen Liegesack mitten im Norwegischen Maritimmuseum.

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen als Freund Kai vorschlug, das ehemalige Seefahrtsmuseum, das heutige Norwegische Maritimmuseum, auf Bygdøy zu besuchen. Ich bin ja ein Freund von Museen – aber eines voller Schiffe?? Na, guuuuuuut……

Boy, was I wrong! Statt Langeweile bot mir das Museum multimediale Unterhaltung, interessante Architektur (die das Draußen auch nach Drinnen holte), spannende Geschichten und sogar einen Topf voller Gold! Von dem elektrischen Aquarium mit Liegeplätzen ganz zu schweigen. Ich kuschele mich noch tiefer in den Liegesack und lasse unseren Besuch im Museum Revue passieren.

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Der Besuch lohnt sich auf jeden Fall, auch wenn man sich nicht so sehr für Schifffahrt interessiert. Die verschiedenen Ausstellungen über Oslo als Hafenstadt, Geschichte der Kreuzfahrt, Tätowierungen norwegischer Matrosen, Norwegen als Seehandelsmacht, Tiere auf Schiffen und die Entwicklung der Seefahrt sind wirklich spannend. In manchen Räumen kann angefasst und mitgespielt werden – auch wenn wir nicht alle interaktiven Spiele wirklich verstanden haben.

Zu empfehlen ist auch der Panoramafilm, der seine Zuschauer im schwindelerregenden Flug die norwegische Küste entlang führt.

Und wer sich selber im Museum erleben will: Die 24-Stunden-Webcam in der ersten Etage kann zurückgespult werden. Also, am Tag vor dem Besuch mit der Fornebufähre am Museum vorbeifahren, am nächsten Tag ab ins Museum und sich selbst winkend auf der Fähre beobachten!!!

Ich ziehe also meine Bedenken zurück und bekenne mich als neugewonnener, großer Fan des Norwegischen Maritimmuseums!

***

So, das war es für heute! Wir genießen jetzt die wunderbare Frühlingssonne mit Gesas Patenteam. Die Taufe war ein großes Erlebnis und eine große Freude – nun wird es wieder ruhig in Oslo und morgen sind dann alle lieben Gäste aus Deutschland abgereist. Toll, dass Ihr da wart! Und toll, dass unsere Freunde hier in Oslo noch da sind – dank Euch allen war die Taufe einfach super!

Euch allen wünsche ich ein tolles Wochenende – hier ist am Sonntag Nationalfeiertag und wir werden „Hippp hipp hurra“-rufend die Parade vorm Schloss beobachten. Wenn Ihr auch hier in Oslo seid, schickt mir doch Eure besten Fotos vom 17. Mai und wir machen nächste Woche eine Collage 🙂

Ha det bra,

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Ulrike

Der Mai ist gekommen – und der Blog macht Pause…

Kurze-Pause

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus und treffen in diesem Fall den Blog. Ein Kurztrip nach Hildesheim, um die Konfirmation von Lisa zu feiern wird gefolgt von unserer ersten großen Feier als Familie hier in Norwegen: Gesas Taufe. Der Blog und ich verabschieden uns darum bis zum 15.5.! Habt eine tolle Zeit, genießt den Frühling, feiert mal wieder mit Euren Familien und habt einfach Spaß!

Ha det,

Ulrike