„Wie, was, wo?“ höre ich Euch rufen. Da kündigt sie letzte Woche großspurig an, über den norwegischen Fußball zu schreiben und was passiert? Nix, nada, nothing. In die Küche geht es. Jaaa, aber das hat auch seinen Grund: Der norwegische Fußball ist komplizierter als erwartet. Da gehe ich lieber kochen.
Hallo, meine lieben Leser, schön, dass wir uns hier wieder treffen. Nachdem ich festgestellt hatte, dass in dieser Woche keine Zeit war ein Fußballspiel zu gucken, musste ich das Thema verschieben. Aber es kommt – versprochen! Sonntag um 20 Uhr gucke ich Tromsø gegen Viking Stavanger und werde berichten.
Heute aber gehen wir stattdessen in meine Küche. Auf der Fähre zurück von Kiel hatte ich mir eeeendlich, endlich, endlich mein norwegisches Lieblingskochbuch Norges nasjonalretter zum Schnäppchenpreis gekauft. Aber was sollte heute daraus für Euch gekocht werden? Oder gebacken?
Hm.
Lassen wir einfach den Zufall entscheiden! Buch also in die Hand, Augen zu, eine Seite aufschlagen, Augen auf und…..
Seite 247:
Huch.
KÜRBISmarmelade?
Ich kenne Orangenmarmelade und finde die schon ziemlich ungewöhnlich, aber KÜRBISmarmelade? Vorsichtshalber schlage ich im Wörterbuch gresskar nach, nicht, dass vielleicht noch eine andere Frucht diesen Namen trägt. Nein – es stimmt, Kürbis.
Ist Kürbis überhaupt eine Frucht?
Wie definiert sich eigentlich „Frucht“?
Fragen über Fragen, mir schwirrt der Kopf, bevor ich auch nur einen Topf angerührt habe.
Statt das Wörterbuch zu befragen, googele ich nun also und lerne: Obst entsteht aus einer befruchteten Blüte, Gemüse aus anderen Pflanzenteilen. Außerdem ist Obst süßer und stammt von mehrjährigen Pflanzen, während Gemüse aus einjährigen Pflanzen entsteht. Auftritt Kürbis, der Störenfried. Die orange Kugel entsteht zwar aus einer befruchteten Blüte, die aber an einer einjährigen Pflanze hängt. Damit sind Kürbisse (genau wie Paprika, Tomaten und Gurken) eine Mischung und werden Fruchtgemüse genannt.
Tolle Sache, wusste ich vorher nicht.
Ihr auch nicht?
Ja, dieser Blog ist allgemeinbildend.
Gern geschehen.
Nun wieder zurück in die Küche!
Kürbismarmelade also. Erstaunt lese ich erneut den Rezepttitel. Nie hätte ich vermutet, dass Kürbisse in norwegischen Nationalgerichten zu finden wären. Aber, so klärt mich Arne Brimi auf, genauso ist es. Kürbismarmelade gehört zu den Spezialitäten im Vestfold, einer Provinz südlich von Oslo. Tjøme und Verdens Ende gehören zum Vestfold, genauso wie Larvik und Tønsberg. Immerhin waren wir dort schon einmal. Kürbismarmelade war uns dort noch nicht begegnet.
Diese Begegnung würde ich jetzt nachholen.
Die Zutatenliste liest sich, sagen wir, unkompliziert:
1 Kilo Kürbisfleisch
2 Deziliter Wasser
80g Zucker
Zitrone
2-3 Stück eingelegten Ingwer
Das sollte ich schaffen. Beim „Türken um die Ecke“ (im Norwegischen innvandrerbutikk) am Vestkanttorget kaufe ich einen kleinen Kürbis – eingelegten Ingwer finde ich leider nicht. Pfff, dann nehme ich eben frischen Ingwer. Passt schon. Zuhause angekommen nehme ich mir den Kürbis vor.
Kürbisse gehören nicht gerade zu meinen Lieblingsfrüchten. Lieblingsgemüsefrüchten. Lieblingsfruchtgemüsen. Na, Ihr wisst schon. Esse ich nicht so gerne und noch weniger gerne bereite ich sie zu. Ich habe nämlich das ungewöhnliche Talent den stursten Kürbis des Ladens zu kaufen, den, der sich so überhaupt nicht gern in zwei Teile schneiden lassen will.
Dieser hier war kooperationsbereit.
Zum Dank liegt er kurze Zeit später aufgeschnitten vor mir. So, das wäre geschafft. Nun soll ich ihn schälen. Hm, ob das wohl mit dem normalen Gemüseschäler funktioniert?
OHJA!! Und es geht richtig einfach! Toll.
Weg mit den Kernen und dem fusseligen Inneren und bald ist nur das reine Fruchtfleisch in dünne Scheiben übrig. Das läuft ja wie geschmiert! War aber auch ein schöner Kürbis. Solche finden sich bestimmt auch im Vestfold, wo es den fruchtbarsten Ackerboden in ganz Norwegen geben soll. Das hellgelbe, apfelartige Fruchtfleisch wandert in einen Topf. Arne Brimi rät, ein paar Apfelscheiben für besseren Geschmack mitzukochen.
Wird gemacht, Chef!
So, nun kocht der Kürbis lustig vor sich hin. Ich lese inzwischen mehr über das Vestfold. Die Nähe zum Meer macht sich in der Vestfoldküche bemerkbar, lerne ich, ebenso wie die Begegnung mit Händlern vom Kontinent oder aus fernen Ländern. Heute noch ist Larvik mit seinem Hafen der Verbindungspunkt zum Rest Europas. Neben mir blubbert der Kürbis-Apfelmix. Was soll ich eigentlich damit später machen? „…kok det i vann til det er mørt og kan moses gjennom et dørslag.“ Also in Wasser kochen, bis er gar ist und durch ein….durch ein WAS püriert werden kann?
Was, um Himmels Willen, ist denn ein dørslag?
Dør ist die Tür, slag ist ein Schlag…ich besitze keinen Türschlag, da bin ich mir sicher. Gesunder Menschenverstand meldet sich und meint, es kann ja nur eine Art Sieb sein. Google meldet: Jawohl, dørslag sei eine Art Sieb. Aber kein feinmaschiges Passiersieb, eher so eine Art Nudelsieb. Aha.
(Ich erzähle jetzt nicht, dass ich später extra ein Sieb kaufe, es ausprobiere und feststelle, dass das Pürieren mit meinem normalen Nudelsieb besser funktioniert. Nee, erzähle ich jetzt nicht. Wäre ja peinlich.)
Flugs also *räusper* das Nudelsieb aus dem Schrank geholt und losgequetscht. Das funktioniert prima und nach wenigen Minuten habe ich sonnengelbes Mus im Topf.
Zucker und feingeriebenen Ingwer dazu und ab auf den Herd. Hier soll das Ganze ein bisschen einkochen.
Hm.
Im Rezept steht leider nicht, wie lange so etwas dauert. Nach 15 Minuten sagt mein Küchenverstand: „Irgendetwas hätte inzwischen passieren müssen.“ Nichts. Das Mus war noch genauso musartig wie vorher. Ich bin keine Marmeladenköchin, aber selbst ich hatte von Gelierzucker gehört. Von dem wollte Herr Brimi aber nichts wissen. „Zucker“ sollte ich dazugeben. Mehr nicht.
Nach 25 Minuten Einkochzeit habe ich keine Lust mehr zu warten. Das Mus bleibt Mus. Von mir aus. Ich will jetzt endlich probieren. Her mit einem kleinen Löffel, ab in den Topf, pusten und…
UIH, lecker! Süß und kürbissig. Bestimmt köstlich auf Vollkornbrot! Das habe ich nun leider nicht da, aber das würde ich morgen früh gleich besorgen. Martin, kein Kürbisfan, findet die Marmelade zu süß. Super, mehr für mich!!! Ab mit dem Mus in ein Glas und da steht sie nun: Meine erste Kürbismarmelade. Mal sehen, was die anderen morgen beim Frühstück in der Gemeinde dazu sagen!
Kürbis statt Fußball – na, immerhin habe ich die Form gewahrt!
***
Das war es für heute, meine lieben Leser. Probiert Euch doch auch am Kürbismarmeladenrezept oder schickt mir andere köstliche Rezepte aus Eurer Gegend. Mir hat der Küchentag wieder Spaß gemacht. Habt eine tolle Woche, seid spontan und genießt die wunderbare Herbstsonne!
Hilsen,
Ulrike
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