Ich bin eine Sklavin der Technik. Vielleicht liegt es an den Ingenieurgenen meines Vaters, vielleicht auch an Norwegen, in dem jeder Nicht-Smartphonebesitzer misstrauisch beäugt wird. Ganz egal. Fakt ist: Mein Geschirrspüler war kaputt und das hat mir gestunken. Sollte ich jetzt etwa PER HAND abwaschen??????
Hallo meine lieben Leser, wie schön, uns hier zu treffen. Die Kastanienbäume in der Sorgenfrigata blühen…,
…Rafa Nadal fegt über den Ascheplatz in Paris und ich sitze im Top am Schreibtisch mit einem Glas gekühlter Limonade neben mir. Noch gestern hätte ich dieses Glas nur unter einem einzigen Aspekt angesehen: Mist, muss ich das nachher wieder abwaschen? Aber, meine lieben Leser, es kommt immer anders als man denkt.
Starten wir am Anfang: Vor vierzehn Tagen, kurz nachdem wir aus Deutschland zurückgekehrt waren, beschloss der Geschirrspüler in unserer Wohnung sein Arbeitsfeld zu erweitern. Nicht nur Geschirr wolle er spülen, nein, auch der Küchenfußboden sollte gereinigt werden. Weshalb er ungefähr die Hälfte seines Wassers dem Boden widmete, ohne uns vorher in irgendeiner Form davon zu informieren. Nachdem Martin das neuangelegte Kneipp-Bad in unserer Küche entdeckt hatte, taten wir das einzig Sinnvolle und setzten den Spüler außer Betrieb. Und wischten den Küchenfußboden, der nun wirklich viel sauberer war.
Das Geschirr allerdings nicht, das mussten wir ab jetzt mit der Hand abwaschen. Ich weiß, ich weiß: Seit Erfindung des Geschirrs haben Menschen für Jahrtausende mit der Hand abgewaschen. Und sind nicht daran zugrunde gegangen. Aber ich wette, niemand hat es wirklich gern gemacht! „Weißt du, was wir jetzt machen???? – Wir waschen ab!!!! – Juchhuu!!!!!“
Nein, glaube ich nicht.
Rettung nahte aus den USA: Josephine Cochrane hatte Ende des 19. Jahrhunderts auch die Nase voll von schrumpeligen Fingern und entwickelte die erste funktionierende Geschirrspülmaschine. 1929 schaffte es der Geschirrspüler auch in europäische Küchen. Und deshalb….
(Moment, Matchball für Rafa Nadal….gegen Aufschlaf von Martin Klizan….OOOOOOH! Nadals Ball im Netz. Vorteil Klizan. Spiel Klizan. Rafa schlägt zum Match auf. 15:0. Klizans Ball geht ins Netz. 30:0. Noch zwei Punkte vom Matchgewinn entfernt. Ball im Aus. 30:15. Onkel Toni Nadal zieht eine Grimasse. HA! Wunderbar ausgespielt. Nadals Ball kommt direkt am Netz runter, unerreichbar für Klizan. 40:15. Zwei Matchbälle für Rafa. Langer Ballwechsel. Na, los jetzt. JAWOLL! Klizans Ball im Aus. 4:6, 6:3, 6:3, 6:3 gewinnt der Spanier. Großer Applaus in Paris. – Ich bin besorgt. Es ist erst die zweite Runde bei den French Open und Nadal hat schon jeweils vier Sätze zum Sieg gebraucht. Warten wir ab. Ich sehe ihn nicht im diesjährigen Finale. Aber ich lasse mich nur zu gern vom Gegenteil überzeugen.)
Ob Rafa mit der Hand abwaschen muss? Er lebt im Haus seiner Eltern, trotzdem bezweifele ich, dass Mama Nadal ihren berühmten Sohn an die Spüle diktiert. Außerdem wird Geschirr in der Maschine einfach sauberer. So tiefenrein irgendwie. Kein Wunder, denn niemand wird Geschirr im 65°-heißen Abwaschwasser per Hand spülen. Um nun endlich zu meiner Geschichte zurückzukommen:
Unser Geschirrspüler war also außer Betrieb. Kaputt. Tot. In das Verhältnis Vermieter – Mieter vertrauend, schrieb ich also eine email an PECULIA, unserer Vermieterfirma und klagte mein Leid. Das sei bedauerlich, las ich in der Antwort, ich solle doch einen Techniker bestellen, der sich das Problem angucken würde. Ich solle aber bitte beachten, dass wir die Reparatur selber bezahlen müssten, PECULIA würde nur im Fall einer Neuanschaffung die Kosten übernehmen.
Ach?
Ja, das hätten wir im Mietvertrag unterschrieben.
Ach?
Oh. Stimmt, hatten wir. Tja, ich wollte die Wohnung unbedingt, da wurden solche Kleinigkeiten sorgenlos beiseite gewischt.
Ok, ok, schrieb ich also an Whirlpool Norge und bat um Hilfe.
Ja, sie würden gerne jemanden schicken, ich solle doch nur bitte VORHER die Schläuche hinter der Maschine kontrollieren, nicht, dass der Techniker für so eine Kleinigkeit wie einen eingeklemmten Schlauch kommen muss. Kontrolle, ok…äh. Die Maschine ist eingebaut, kann ich die einfach so rausziehen, nicht dass ich es noch schlimmer mache? Ich nahm also Kontakt zu unserem Hausmeister auf. Nein, schrieb der zurück, er könne auch nicht helfen. Ich solle den Techniker bestellen.
Langsam hatte ich keine Lust mehr und außerdem meine Handabwaschtechnik ausgefeilt. Ich ließ die Sache zwei Tage ruhen und hörte weder von Vermieter, Hausmeister noch Werkstatt.
Gestern Vormittag klingelte es dann plötzlich an der Tür.
Als ich neugierig öffnete, standen vor der Tür: Hausmeister Roger, ein mir unbekannter Peculia-Techniker und eine Geschirrspülmaschine. Ich blickte alle drei verwirrt an. Es ergab sich folgender Dialog (auf Norwegisch, hier also in Übersetzung):
I
Ich verwirrt: Hei!
Hausmeister Roger: Hei!
Techniker: Hei!
Geschirrspüler: —
Ich: Kann ich Ihnen helfen?
Hausmeister Roger: Äh, ja sicher. Bei Ihnen ist doch der Geschirrspüler kaputt, oder nicht?
Ich (etwas unsicher): Ja…?
H. Roger (erleichtert): Na, dann ist ja gut. Wir bringen nämlich den neuen Geschirrspüler.
Ich: Den … neuen??
H. Roger (langsam): Der alte ist kaputt, richtig???
Ich: Ja.
H.Roger (ganz sanft): Wir bringen einen, der NICHT kaputt ist.
Ich: Das ist überraschend.
Techniker: Haha! Surprise!
H. Roger: Tja. – Können wir dann jetzt?
Worauf alle drei die Wohnung betraten. In den kommenden 20 Minuten wird der alte Spüler abgebaut und nach draußen geschoben, der niegelnagelneue Spüler installiert, ich bekomme eine kurze Einweisung und dann sind sie so schnell wieder verschwunden, wie sie gekommen sind. Martin und ich sitzen lachend im Wohnzimmer und verstehen die Welt nicht mehr. „Wie können die völlig ohne Anmeldung hier auftauchen?“ frage ich mich immer wieder. Ist das jetzt typisch norwegisch, dass man tonnenschwere Küchengeräte auf gut Glück durch die Gegend chauffiert und hofft, dass jemand zuhause ist?
Und jetzt kommt ein guter Tipp von mir an Euch, meine lieben Leser, also Obacht!!!
Kontrolliert nicht nur Eure emails im Postfach täglich.
Kontrolliert auch Euer Spam-Fach!
Ich mache das so alle …pfff….zwei bis drei Tage und entdeckte daher erst am späten Nachmittag nach der Geschirrspüler-Lieferung folgende email:
„Hei, vi bytter oppvaskmaskinen, dette blir gjort på torsdag. Er dere ikke hjemme vil vi låse oss inn i leiligheten. Mvh Roger“
Am Mittwoch bereits hatte Roger Hausmeister mir also geschrieben: „Wir tauschen den Geschirrspüler aus, das wird am Donnerstag gemacht. Falls Ihr nicht zuhause seid, lassen wir uns selbst in die Wohnung. Mit freundlichen Grüßen Roger“. Nun stelle ich mir vor, ich wäre nicht daheim gewesen und wäre zurück gekommen, so gegen 16 Uhr. In der Küche hätte ein neuer Geschirrspüler auf mich gewartet. Ohne Erklärung. Ich zweifele regelmäßig an meinem Verstand, oft grundlos, aber diesmal hätte ich allen Grund gehabt.
Jetzt verstand ich auch, warum Roger Hausmeister meine Überraschung ob seines Auftauchens so irritierend fand. Aber nun mal ganz im Ernst: Einfach so eine email zu schreiben, ohne Terminvereinbarung, ohne Nachfrage ist ja auch ein bisschen naiv. Oder sorglos. Oder…typisch norwegisch??
Wie dem auch sein, Ende gut, alles gut: Der neue Spüler und ich sind schon gute Freunde geworden, das dreckige Geschirr verschwindet ab nun wieder in den Tiefen des wunderbaren Elektrogeräts und die Abwaschbürste geht in Urlaub. Ich kontrolliere mein Spam-Postfach nun jeden Tag und freue mich, dass ich es vor ein paar Tagen nicht getan habe, sonst hätte ich heute keine Geschichte erzählen können. Auf die Frage, warum die alte Spülmaschine nicht kontrolliert wurde, ob sie vielleicht hätte gerettet werden können, ob es eventuell nur ein verdreckter Filter war, der nach kurzer Reinigung wieder neues Leben in die alte Maschine gepumpt hätte – alle diese Fragen beantwortet mir niemand, aber vielleicht ist das auch etwas typisch Norwegisches:
Einfach schnell was Neues kaufen.
Aber ich will nicht kritisieren.
Ich freue mich einfach! Und lache noch eine Runde……
Das war es schon wieder für heute, meine lieben Leser. Eigentlich wollte ich noch von unserem gestrigen Theaterbesuch erzählen, aber das verschieben wir auf nächste Woche. Nur so viel: Wir waren in der Onkel Vanja – Inszenierung von Liv Ullmann am Nationaltheater und haben kaum ein Wort verstanden. Schön war es trotzdem. Ich habe außerdem spannende Theaterpläne für nächstes Jahr und bereits Kontakt mit einem Theaterverlag in Berlin aufgenommen, um mir drei Stücke näher anzugucken. Mein Favorit: Faust – von zwei Personen gespielt. Drückt mir die Daumen, dass ich alles so schaffe, wie ich es mir wünsche.
Euch allen wünsche ich eine tolle Woche mit SONNE!! Ich höre nur von Regen, Regen und Regen. Ärgert Euch nicht zu sehr darüber sondern tanzt in Gummistiefeln durch die Pfützen! Nehmt das Wetter mit Humor, ich puste Euch auf jeden Fall etwas von unserer Sonne in den Süden. Meine Grüße gehen diese Woche an Helga, Leonie, Ingmar, Louis und Ajax Hensel, Ihr habt mir eine Woche lang gezeigt, wie schön Niedersachsen wirklich ist! Danke dafür und viel Spaß auf Euren nächsten Deutschlandreisen!
Ha det bra,
Ulrike & Herr Siemens, der neue Küchenheld.