Vorsicht.
Vooorsicht.
Voooooooors……
Plumps.
Skifahren macht so viel Spaß.
Besonders den Leuten, die gerade um mich herumstehen und grinsen.
Na und, grinst doch, ich stehe flink wieder auf und dann geht es weiter wie der Blitz.
Es ist nur….wie mache ich denn….wieso ist denn das so schwierig….ARGH!!!!!!!!
PLUMPS.
Hallo meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen! Wie Ihr bestimmt bereits gemerkt habt, geht es im Blog heute um Wintersport. Ich werde Euch die schonungslose Wahrheit über meinen ersten Langlaufausflug erzählen.
Seid Ihr bereit? Hüllt Euch in dicke Mützen und Handschuhe und schnallt Euch an!
SCHNEE, WIR KOMMEN!
Schon bevor unser erster Norwegenwinter seine Flocken nach Oslo geblasen hatte, stand unser Entschluss fest: Wir wollen auf die Skier! Nun ist aber das Anschaffen von Skiern nicht gerade eine finanzielle Kleinigkeit und wollte gut überlegt sein. Woher also Skier leihen? Noch bevor ich die Skileihsituation in Oslo recherchieren konnte, kam Rettung von unvermuteter Stelle. Die Langlaufskihochburg Lehrte in Niedersachsen meldete sich: Schwager und Schwägerin boten an, ihre alten Skier beim nächsten Besuch mitzubringen. Na super! Gesagt, getan. Danke nochmal dafür!!
Die erste Hürde war also gemeistert.
Wir hatten einen fahrbaren Untersatz.
Die Skier gehörten zwar fast ins Osloer Skimuseum, wo sie bei alten Skilaufhasen Tränen der Nostalgie hervorlocken würden – ABER: Es waren Ski! Dazu natürlich auch Stöcke und Schuhe. Das sportliche Ensemble war komplett, die erste Ski-Verabredung stand, es konnte also losgehen. Martin beschloss, aus Sicherheitsgründen nicht mitzulaufen und schob seiner sehr unkooperativen Schulter die Schuld zu, aber die Wahrheit sah anders aus: Statt mit Skiern bewaffnete er sich mit der Kamera, um auch wirklich keine der vielen peinlichen Situationen zu verpassen, in die ich mich mutig stürzen würde. Schulter! PAH! Ich durchschaue das!!!
Bepackt wie alpine Rettungshunde oder nordspanische Lastenesel machten wir uns am letzten Sonntag auf den Weg.
Mit dem Stadtbus.
Das ist in Oslo einfach wunderbar: Mit Skiausrüstung beladen, stehen die Menschen an Bus oder T-Bane-Station und fahren in den Schnee. Mit ihrer regulären Monatskarte einfach mal kurz ins Skiresort. Super finde ich das. Und sehr absurd.
Uns brachte die Linie 45 von Majorstuen Richtung Røa, wo der Bogstadvannet ein für Anfänger wie mich ideales Terrain böte, meinte Freund Christian. Nun ist „Vannet“ das norwegische Wort für „See“…
Ist irgendwer schon irritiert?
Also ich war es und fragte mich insgeheim, ob das wirklich eine gute Idee war. Ein See? Ich soll auf einem See fahren? Ok, es ist kalt, ok, das Eis ist bestimmt dick. Aber was, wenn gerade auf dem Stück, wo ich wie der Blitz dahingleite, ein winziger Riss ist und dann kracht es und dann liege ich da und dann…
Oh, da war schon unsere Haltestelle.
Mein erstes Trainingsgelände befand sich nicht weit von der Haltestelle entfernt. Ich warf alle Sorgen über Eisdicke und Ertrinken über Bord, zog meine Skischuhe an und nach wenigen Augenblicken und hilfreichen Tipps zur Fahrtrichtung war es soweit: Ich stieg auf meine Skier, zog die Handschuhe über, gab mir selbst einen kleinen Schwung und fuhr los!
Sofort riss der enorme Fahrtwind an meinen Haaren, rötete die eisige Kälte meine Wangen, stoben die nostalgischen Skier mit mir obendrauf durch den lockeren Ski und ich, ich wollte nur jubeln: FREEEEIIIHEIIIIT!!!! Jodeldihu!!!!
Naja.
Also so ähnlich.
Um ehrlich zu sein, rutschte ich mit wackeligen Knien einen winzigen Hügel hinunter und versuchte Skier, Stöcke, Füße und den Rest meines Körpers davon zu überzeugen, in dieselbe Richtung zu fahren. Bis dahin wusste ich noch nichts von der grundsätzlichen Abneigung meiner beiden Füße gegeneinander. Der linke Fuß wollte absolut nicht dorthin wo der rechte war und umgekehrt. Ein Problem, dessen Lösung bald in Form einer Loipe kam, in die die beiden Streithähne fluchtunfähig gesteckt wurden. HAH! Und nun vorwärts! Wie der Sturm.
Hauch. Leichte Brise. Lüftchen. Anders kann man mein Tempo nicht beschreiben, aber immerhin fuhren jetzt alle Teile von mir vorwärts und fingen an, Spaß zu haben. Bald hatte ich einen Rhythmus gefunden und wagte mich an ein gehobenes Tempo. Doch dann erhielt ich die zweite anatomische Lehrstunde des Tages: Verliert der Körper unten seine Balance, versucht der Oberkörper dies auszugleichen und mitten in den Balancestreit der beiden Körperhälften mischt sich dann der Hintern, der einfach keine Lust mehr hat und sich fallen lässt.
Mit dem Rest des Körpers hinterher.
PLUMPS.
Da saßen also mein angekratztes Ego und ich gemeinsam auf der Loipe und wurden zur menschlichen Hürde für alle, die nach uns kamen.
Ich schwöre, dass ich aufstellen wollte. EHRLICH!
Aber die Erdanziehung hat mich nicht gelassen!
Nun weiß ich nicht, was ich getan habe, um die Erdanziehungskraft derartig zu verärgern, aber nach einigen sehr uneleganten Aufstehversuchen gab ich einfach auf. Sollten doch die anderen über mich drüber fahren.
Schnief.
(An dieser Stelle sei vermerkt, dass Martin Fotos schoss und Christian mitsamt Felix auch irgendwie verschwunden war. Da zieht frau mit 3 Männern in den Schnee und wird dann in der Not allein gelassen.)
Schnief.
Plötzlich streckte sich ein kleiner Skistock von links vor mein Auge und eine Mädchenstimme fragte, ob ich Hilfe bräuchte. Ich blickte das blonde Kind dankbar an, verglich aber kurz ihr Gewicht mit meinen 60+ Kilo und hielt ihr Angebot, rein physikalisch gesehen, für keine gute Idee. Lächelnd schüttelte ich den Kopf und erhielt ein mitleidiges Lächeln zurück. Wir wirkten beide hilflos. Ratlos. Rettungslos.
Doch Rettung kommt immer in den Momenten, in denen man sie am wenigsten erwartet.
So auch bei mir.
Noch ehe ich wusste wie mir geschah, schoben sich zwei gewichtsmäßig starke Arme unter meine Achseln und ein anonymer Ritter liftete mich hoch in die Luft und setzte mich, nun wieder in gewohnter Höhe, auf der Loipe ab.
„Huch!“ war mein ganzer Text in dieser Szene und als ich mich, vorsichtig, umdrehte, blickte ich in das freundliche Gesicht meines Mittvierziger-Norweger-Langlaufski-an-den-Füßen-habenden-Retters, der anscheinend der Vater meiner ersten Samariterin war und nach seiner Rettungsaktion ohne weiteren Kommentar davonfuhr.
Mein Held!
Naja, vielleicht wollte er auch einfach die menschliche Barriere von der Loipe haben.
Danke trotzdem!
Als hätte mein Körper am Hinfallen Gefallen gefunden, stürzte ich noch drei weitere Male im Verlauf des Nachmittags, aber man gewöhnt sich ja an alles. Viel wichtiger war: Ich hatte Spaß! Und zwar riesigen Spaß. Was für ein toller Moment auf dem dick zugefrorenen See anzukommen und über die im Sommer zum Baden einladende Wasserfläche zu rutschen. Wie super, sich anstrengen zu müssen, aber gleichzeitig die wunderschöne Landschaft genießen zu können! Wie lustig, von Martin über den See gezogen zu werden und im Licht der untergehenden Sonne Kokoskekse zu knuspern.
Ich fand tatsächlich eine Art Laufrhythmus und kam vorwärts. Nicht sehr schnell, aber stetig. Nach zwei Stunden war uns allen kalt, ich war nicht die Einzige, die kaputt war und der Himmel wurde langsam dunkel und beendete mein erstes Langlauferlebnis. Schön wars. Ich habe mich mit Ober- und Unterkörper, meinen Füßen und der Erdanziehungskraft geeinigt: Das machen wir wieder. Mit neuer Ausrüstung und neuem Spaß geht es diesen Sonntag wieder los. Ich hoffe, dass Kathrin und Maik nach Lesen dieses Blogs nicht plötzlich ihre Pläne mit uns ändern! Ich freue mich auf jeden Fall. Und fühle mich auch gleich ein bisschen mehr norwegisch.
Das war es für heute meine lieben in 7er-Gruppen-langlaufenden Leser! Ich hoffe, wir sehen uns nächste Woche wieder, wenn ich Euch über brennenden Geitost erzählen werde: Ein unbekannter LKW-Fahrer scheint sich nämlich meiner Anti-Geitost-Kampagne angeschlossen zu haben und hat seine ganz eigene Vernichtungsaktion gestartet!
Bis dahin wünsche ich Euch eine schöne Woche, probiert mal wieder was Neues aus, seid, meinem neuen Lieblingszitat folgend „wagemutig, frech und einfach wunderbar“ und genießt den Winter in vollen Zügen!
Ha det bra,
Ulrike