Das Wikingerschiffmuseum in Oslo ODER Häkeln wie Hägar!

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King Features sync.

“Häh?” Ich starre verwirrt auf das Maschenchaos in meiner Hand. Um meinen linken Daumen hängt eine wollene Schlinge, in der rechten Hand halte ich die dicke Nadel. So weit, so gut. Aber dazwischen herrscht Chaos. Hilfesuchender Blick in das Anleitungsbuch: “Nicht aufgeben. Es sieht chaotisch aus? Dann ist es wahrscheinlich richtig.” Ah, prima. Dann werde ich also doch bald eine Meisterin im nålebindning, dem Wikinger-Häkeln. Und das alles wegen Bassi!

Vikingskipshuset. Foto: Kulturhistorisk museum,UiO/ Eirik Irgens Johnsen .

Hallo, meine Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen! Es gibt Museen in Oslo, da reicht mir ein Besuch. Nicht so beim Wikingerschiffmuseum auf Bygdøy! Dorthin verschlägt es mich immer wieder gerne. Am Mittwoch habe ich es zusammen mit Neffen Bassi besucht, der tollerweise für ein paar Tage in Oslo war. Diesmal erlebte ich am Eingang eine Überraschung: Ein Mitarbeiter der Uni Oslo fragte uns, ob wir eine kostenlose Tour durch das Museum haben wollten. Kostenlos? IMMER! Und dafür sollten wir nur eine Museums-App testen. Er stattete uns mit Handy und Kopfhörern aus und los ging es.

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Ich mag die Schlichtheit im Museum. Drei Wikingerschiffe sind hier ausgestellt, jedes in einem eigenen Gebäudeflügel. Ein ganzer Gebäudeflügel und darin: Ein gewaltiges, schwarzes Holzschiff, meterhoch und unverziert. Dieses Schiff (oder Teile davon, natürlich ist einiges restauriert) ist vor ca. 1300 Jahren über das Meer gefahren. Dann wurde es als Grabschiff für einen Wikingerkönig oder zwei reiche, wichtige Frauen eines Wikingerdorfes genutzt und verschwand. Tausend Jahre später, im Falle des Gokstadschiffes, buddeln zwei gelangweilte Bauernsöhne auf dem Grund ihres Vaters und entdecken die Überreste. Eine langjährige Ausgrabung und Restauration erfolgt. Und nun steht das best-restaurierte Wikingerschiff der Welt so gewaltig vor mir und ich bin wieder begeistert. Komisch, dabei habe ich es sonst gar nicht so mit Schiffen oder Wikingern oder uralten Zeiten. Wer weiß, vielleicht war ich in einem anderen Leben….

Noch bevor ich weiterdenken kann, piepst die App. Ach ja, wir haben ja hier eine Aufgabe! Irgendwie erkennt das Handy, wo genau ich mich im Museum befinde und schickt mir die passenden Infos. Das ist spannend! Bassi und ich klettern auf eine der zwei Aussichtsemporen und begucken die Schiffe aus der Höhe. Auch spannend. Wie immer!

bassi

Als wir durch die Abteilung mit Alltagsgegenständen bummeln, erzählt die App von den bunten Farben, die damals beispielsweise den Schlitten, vor dem ich stehe, verziert haben. Keine Ahnung, wie es Euch geht – ich habe immer Schwierigkeiten, mir die Vergangenheit “bunt” vorzustellen. Die Wikingerzeit präsentiert sich hier im Museum in schwarz, braun und bronze und ich wünschte, ich könnte die Originalfarben auf Holz oder Stoff sehen.

Wir drehen noch eine letzte Runde an allen Schiffen vorbei. Bei der Handyrückgabe stellt uns der freundliche Uni-Mitarbeiter noch einige Fragen zu den Schiffen, puuh, ist ja wie im Examen hier. Na, aber wir wissen fast alles und er zieht zufrieden von dannen. Was machen wir denn nun mit den gesparten 100 Kronen pro Person? Ha, nichts leichter als das: ich gehe entschlossen in den Museumshop auf der Suche nach einem interessanten Souvenir.

Ich liiiiiiiebe Museumshops. Manchmal würde ich am liebsten NUR in den Shop gehen und das Museum links liegen lassen. Der Shop im Zoologischen Museum beispielsweise ist toll oder der in der Nationalgalerie. Der hier im Wikingermuseum ist klein, aber interessant. Wir staunen über ein gläserner Wikingerschiff für unglaubliche 47.000 Kronen, probieren Helme und Mützen auf, greifen zu Holzschwertern. Beim letzten Besuch habe ich das “Viking Cookbook” gekauft, tja und diesmal….hm…

Oh, was ist das denn?

Ein Buch mit dem Titel “Nålbindning” lacht mir entgegen – auf den ersten Blick scheint das Häkeln zu sein, oder was? Zwei Hände halten eine Nadel und einen Faden. Ich trete näher. Hm, so eine Art Wikingerhäkeln oder –stricken. Die passende Nadel gibt es gleich dazu, sehe ich, und mit den Worten “Das ist doch was für meinen Blog!” verschwinde ich zur Kasse.

Tja, und nun sitze ich hier. Und schaffe Chaos. Immerhin habe ich gelernt, dass nålbindning Schwedisch ist, auf Norwegisch heißt es “nålebindning”. Dann lerne ich, dass nålebindning (im Deutschen „Nadelbinden“) eine Urahnin vom Häkeln und Stricken ist. Die Kunst hat aber, dank der Wärme und Strapazierfähigkeit ihrer Produkte, überlebt.

Relatert bilde

Sieht das schön kuschelig aus!!!

In ganz Skandinavien fanden sich bei Ausgrabungen Kleidungsstücke, die in dieser Technik hergestellt wurden. Heute geht man davon aus, dass schon in der Bronzezeit „gebunden“ wurde.

Schnell lerne ich auch, dass es ganz schön kompliziert ist, wie alles, was man sich versucht, selber anhand von Bildern und Büchern beizubringen. Bisher ist mir unklar, ob ich einzelne Bänder “binde” und die dann zusammensetze und daraus eine Mütze, Jacke oder Windel mache, oder ob das anders geht. Ich sitze noch an den ersten Maschen, den sogenannten “Oslo-Maschen”, so genannt, weil hier in der Gegend ein Textilstück entdeckt wurde, das aus einer bestimmten Art Maschen gebunden wurde. Ist ja passend, was?

Im Internet gibt es ja alles – natürlich auch Videos zu “nålebindning”. Unter anderen eines, dass mir die Oslo-Masche auf Englisch und FINNISCH erklärt. Sehr unterhaltsam!

Ich binde mal weiter. Ziel: Eine Mütze. Ich gucke mir das Wollgewusel in meiner Hand an und denke: Naja, der Winter 2020 wird bestimmt auch kalt…..

***

So, meine lieben Leser, das war es schon für heute! Guckt doch mal im Internet und greift auch zur Nadel. Eine dickere Stopfnadel reicht dafür auch. Das Wikingerschiffmuseum lohnt sich wirklich und wer ab April in Oslo ist, sollte sich einen Bescuh erst recht nicht entgehen lassen: Ein 3D-Film bringt ab April die Wikingerschiffe an der Decke des Museums zum Leben! Das klingt spannend – ich bin auf jeden Fall dabei!

Meine wöchentlichen Grüße gehen dieses Mal an Imke, Mia und Bianca, die mir in der letzten Woche fix wie der Wind in den Wikingersegeln die Antworten zum Jahresquiz geschickt haben. Wer noch Lust hat: Unter ulrike_niemann@yahoo.no freue ich mich auch diese Woche noch über Antworten. Und Ihr Euch dann über Post aus Oslo – schickt also Eure Adressen mit!

Und noch eine ganz andere Sache: Gestern piepste mein Handy und ich bekam die Noten meiner Norwegischprüfung! Schriftlich/Hören/Lesen B2 und mündlich B1 – ich bin mehr als zufrieden!!

Euch allen wünsche ich eine schöne Woche, lernt mal wieder was Neues, vergesst nicht zu lachen und jemanden in den Arm zu nehmen. Nächste Woche nehme ich Euch mit in meine Küche und wir backen Nuss-Honig-Kuchen – so wie die Wikinger!

Ha det bra,

Ulrike (na, man erkennt doch was!!!)

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Das Jahresquiz 2016 ODER Wer will Post aus Oslo?

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globalskolen.no

Weißt du noch, wie wir im März…? War das nicht toll im September…? Haha, was habe ich gelacht im Juuuli!!!! – Wisst Ihr das noch? Dass es viel Schönes gab im Jahr 2016? Und den ganz normalen Alltag? Ich zeige es Euch! Willkommen zum Jahresrückblickquiz!

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen! Zuerst wünsche ich Euch allen in Nah und Fern ein mutiges, gemeinsames 2017 – wir lassen uns nichts unterkriegen! Und damit das neue Jahr gleich gut startet, kommt hier das Blogquiz 2016. Wer mir die richtigen Antworten schickt, dem schicke ich einen kleinen Gruß aus Oslo!

  1. Für den Speisesaal welcher Firma hat Edvard Munch 12 große Gemälde gemalt?
  2. Bei welchem sportlichen Event (bzw. Siegerehrung) hier in Oslo konnte ich die “Marseillaise” singen?
  3. Welchen Sport habe ich in einer Halle ausprobiert?
  4. Womit habe ich Euch am 1. April veräppelt?
  5. Was ist trilletur?
  6. Wohin bin ich mit der Bahn und gefühlten 10000 Hurtigruten-Touristen gefahren?
  7. Was passierte im blauen Zelt im Frognerpark?
  8. Welches großes Ereignis gab es für Gesa im August?
  9. Welches Zitat von wem hat mich im September begeistert?
  10. Welches sportliche Ereignis in Oslo sorgte für Schlagzeilen im Oktober?
  11. Was habe ich endlich im November abgelegt?
  12. Was war das Besondere an unserem Adventskalender 2016?

Das war für mich jetzt auch lustig, noch einmal durch die Artikel des vergangenen Jahres zu stöbern. Ich danke Euch, den allerbesten Bloglesern überhaupt, fürs Lesen aber auch fürs Kommentieren, Email und Karten schreiben, für Kommentare in den sozialen Medien und dafür, dass Ihr mich auf der Straße hier in Oslo ansprecht. So wie Gesa und Raphael. Das war eine tolle Überraschung, als die kleine Gesa und ich auf dem Weg von der Color Line nach Hause den Bogstadveien hochschoben und plötzlich angesprochen wurden.

Seit ich den Blog schreibe, durfte ich viele von Euch und Eure Geschichten kennenlernen und das ist eine ganz große Freude für mich. Ganz besonders toll ist es auch, über den Blog mit alten Freunden und nicht zuletzt meiner Familie Kontakt zu halten. Danke dafür!

So und bevor wir nun alle zum Taschentuch greifen: ran an die Fragen vom Quiz 2016! Ich drücke Euch alle aus der Ferne – auf ein gutes, neues Jahr!

Ha det,

kellenhusen2016

(Grüße von der ganzen Familie vom Strandspielplatz in Kellenhusen)

Ulrike

DANKE!!

blog

Hei Lena! Na, das war ja heute eine tolle Überraschung in meinem Briefkasten und an einem Tag wie heute war die Freude mehr als willkommen! Vielen herzlichen Dank für deine Karte und auch dir und deiner Familie Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr!

(Liebe Leser, die Lena liest den Blog und hat mal einfach so beschlossen, mir eine Weihnachtskarte zu schreiben – ist das cool oder was? Und nun wusste ich keinen anderen Weg mich zu bedanken, als hier über den Blog. Aber Ihr freut Euch vielleicht mit mir :)…)

Ha det,

Ulrike

Norskprøve Teil 2 ODER „Bare ta det med ro!“

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Die schwarzhaarigste Frau der Welt und ich lachten uns an. Beschwingt stieg ich die Treppen runter zum Ausgang der Schule. Der schriftliche Teil war erledigt! Juchhuuuuuu! – Keine fünf Sekunden hielt die Freude, dann der Gedanke: Und morgen kommt die mündliche Prüfung.

Hallo, meine lieben Leser, schön, dass wir uns hier wieder treffen. Heute nehme ich Euch also mit in Raum 324 in Gebäude A der Rosenhoffschule in Oslo. Am Abend vor der Prüfung informierten mich via facebook andere Prüflingen bereits über mögliche Themen: „Braucht die Welt mehr Vegetarier?“ – „Was macht dich im Leben glücklich?“ – „Sind Norweger zurückhaltend?“ – und und und. Viel zu viele Themen, als dass ich mich irgendwie hätte darauf vorbereiten können. Meine mündliche Vorbereitung war eh mager gewesen. Was daran liegt: Ich rede nicht gern Norwegisch. Blöd, was? Es passiert mir immer noch zu oft, dass man mir auf Englisch antwortet oder das Gegenüber nachfragen muss, weil sie mich nicht verstanden haben. Das wird natürlich nicht besser dadurch, dass ich nicht rede.

Ein Teufelskreis!!!

Naja, ich habe es halt ein bisschen sportlich genommen und gedacht: „Das wird schon, im Notfall spielst du ein bisschen Theater und bringst sie zum Lachen – dann habt Ihr wenigstens Spaß in der Prüfung.“

30 Minuten zu früh stand ich vor Raum 324. Das war praktisch, konnte ich mich doch mit den anderen Prüflingen unterhalten (auf Norwegisch, klar) und das war ein bisschen wie Aufwärmen. Machen wir in der Theatergruppe auch immer, das hilft. Dann tauchte auch mein Prüfungspartner auf: Ein sympathischer Mittdreißiger aus Mexico, mit dem ich mich gleich blendend verstand. Wir beschlossen, in der Prüfung einfach eine gute Zeit zu haben. Die Tür öffnete sich und eine Prüferin, die aussah wie die stereotype Klischeelehrerin (doppelt gemoppelt hält besser), rief die nächsten Prüflinge hinein. Oh Himmel, von der wollte ich aber nicht geprüft werden. Dunkler Pagenkopf, schwarzumrandete Brille und ein verkniffenes Lächeln schmückten die im Herzen bestimmt gute Frau.

Mit meinen Theaterspäßen hätte ich bei ihr keine Chance, soviel war sicher.

Mein mexikanischer Partner und ich erzählten uns dann weiter von unseren tollen Kindern und ich wurde von Minute zu MInute nervöser. Aber dann wurden wir aufgerufen – und die Aufregung war weg. Genau wie auf der Bühne.

Gleich beim Eintreten stelle ich beruhigt fest, dass nicht der Pagenkopf sondern eine gemütliche, blonde Dame mit nettem Lächeln unsere Gesprächspartnerin war. Sie stellte sich kurz vor, wir erledigten alle Formalitäten und dann ging es los. Vorstellen sollten wir uns kurz. Ich durfte beginnen, erzählte wer ich bin, warum ich in Oslo bin und was ich hier mache.

Das ging prima, ich hatte sogar Spaß an der Sache.

„Ja, danke!“ beendete mich die Prüferin dann und forderte meinen Prüfungspartner auf, sich vorzustellen. „Aber ganz kurz, bitte.“

Huch. Hatte ich zuviel geredet???

Egal, weiter im Text. Nun bekam jeder von uns eine Frage gestellt, die wir alleine beantworten sollten. Wieder durfte ich anfangen. Meine Frage lautete: „Was ist nötig, damit man sich in einem neuen Land wohlfühlt?“

Hmpf. Die Frage lag mir irgendwie nicht und ich begann von Freunden und Hobbies zu reden, Versuchen zur Integration (in Norwegen also beispielsweise mit dem Langlauf zu beginnen) und wie wichtig es sei, die Landessprache zu sprechen. Viel heiße Luft war in der Antwort – aber es ging ja mehr darum, wie ich antwortete, weniger WAS, hoffte ich.

Dass das WAS man antwortete aber nicht ganz unwichtig war, erlebte ich, als mein mexikanischer Partner seine Einzelfrage falsch verstand. Antworten sollte er auf die Frage, welche kulturellen Ereignisse (Feiertage etc.) er in Norwegen besonders interessant fände und warum. Anscheinend hatte er aber nur verstanden, er solle etwas über die Kultur des Landes sagen. Sehr eloquent verglich er die norwegische Kultur (im Sinne von Mentalität) dann mit der mexikanischen. Und stellte dann als größten Unterschied dar, dass in Mexiko vieles eigenständig geregelt werde, während die Norweger, seiner Meinung nach, einen großen Teil der Verantwortung dem Staat überlassen. Kindergärten und Altersheime waren für ihn beispielsweise ein Zeichen von schlechter Familienmoral.

Hm.

Das Lächeln der Prüferin wurde etwas schmaler, sie wies ihn kurz darauf hin, dass er das Thema aus einem interessanten, wenn auch nicht gefragten Blickwinkel beantwortet hätte. Machte sich eine kurze Notiz und ging über zur nächsten Frage.

Oh boy, war es geschickt, Norwegen zu kritisieren? Oder kam das nur bei mir als Kritik an?

Die nächste Frage ging an uns gemeinsam. Was einen guten Arbeitnehmer ausmache, sollten wir diskutieren. Es folgte ein fröhliches Ping-Pong-Spiel, es machte Spaß, mit ihm zu diskutieren, wir gingen auf das ein, was der andere sagte, verbesserten, wenn etwas falsch lief und die Aufgabe schien gut gelöst zu sein. Die Zeit verflog! Vor der Tür wirkte der Gedanke an eine 25-minütige Prüfung noch ungeheuerlich – nun raste die Zeit nur so dahin!

Die letzte Einzelfrage für uns beide kam. Mein Gegenüber bekam die anfangs erwähnte Frage über Vegetarier – und legte eine derartig strukturierte und gutformulierte Antwort hin, dass ich fast vom Stuhl fiel. Ich hätte ihn völlig entgeistert angestarrt, lachte er hinterher und gab zu, dass sie genau dieses Thema in seiner Norwegischklasse noch kurz vor der Prüfung besprochen hätten.

Na, hatte der ein Schwein!

Ach nee, hatte der Tofu 🙂

Ich sollte, noch völlig beeindruckt ob seiner Leistung, dann die letzte Prüfungsfrage beantworten: „Sollen alle Menschen in Norwegen Stimmrecht erhalten?“

Nein.

Diese vier Buchstaben sagten alles aus, fand ich. Spaß beiseite, das Thema fand ich spannend und legte los – leicht chaotisch und gedanklich hin und her springend, aber immerhin auf Norwegisch. Auch wenn ich in meinem Enthusiasmus ein oder zwei deutsche Wörter einbaute und ein paar norwegische erfand – ich hatte Spaß und versuchte, so flüssig wie möglich zu reden. Das hatte ich nämlich in einem Blogg gelesen: Die Prüfer würden eher mal einen grammatikalischen Fehler verschmerzen als eine stockende, zähe Sprechweise.

Tja, und dann war es vorbei. Wir packten unsere Sachen, verabschiedeten uns von den beiden Prüferinnen und gingen vor die Tür. Lachten erleichtert und erzählten denen, die draußen warteten, alles wäre nur halb so schlimm.

„Ta det med ro,“ hatte man mir vor der Prüfung gesagt. Ruhig bleiben. Ja und das ist wirklich der beste Tipp. Ruhig bleiben und versuchen, Spaß zu haben.

Und im Januar sehe ich dann, ob das gereicht hat!

***

So, meine lieben Leser, das war es für heute und mit diesem Artikel verabschiede ich mich in die Weihnachtspause. Bestimmt melde ich mich für gute Wünsche nochmal kurz, aber der erste normale Artikel kommt am 6. Januar 2017. Bis dahin wünsche ich Euch und Euren Familien und Freunden ein Frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Danke an Euch alle fürs Lesen und Kommentieren, es ist toll, dass Ihr da seid. Meine wöchentlichen Grüße gehen also an Euch, liebe Leser, wo immer Ihr auch seid. Lasst es Euch gut gehen, wir lesen uns in 2017!

God jul og et riktig godt nytt år!

majorstuen

Ulrike (so sieht es bei uns im Viertel gerade aus, schön weihnachtlicher bondensmarked am Valkyrieplass in Majorstuen)

Norskprøve Teil 1 ODER Nur keine Panik!

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Kennt Ihr das? Da hat man so eine Eigenschaft, die irgendwie hervorsticht. Andere schütteln darüber den Kopf; häufig hat diese Eigenschaft schon zu blöden Situationen geführt. Ja und dann ist Dezember und man…also ich…nehme mir vor: “Ok, daran arbeite ich! Das wird mein guter Vorsatz im neuen Jahr! Das werde ich ändern!”

Hm.

Und dann denke ich plötzlich: “Laaaaaaaaaangweilig!!!!”

Und beschließe, dass ich nun mal eine Rampensau bin, da lässt sich leider nichts machen, ich muss mich in den Vordergrund drängeln und echauffieren, so ist das nun mal, das kann ja auch ganz unterhaltsam sein und man lebt nur einmal und ich kann ja in meinem nächsten Leben die schweigsame, nachdenkliche, kritisische Beobachterin sein. – Und deswegen schreibe ich jetzt doch über meine Prüfung, was ich eigentlich nicht machen wollte, weil wen interessiert das eigentlich wirklich und dann wiederum, ist ja immerhin mein Blog und Ihr kommt ja schließlich wieder, ist doch alles prima und nun hier also: Meine Norwegisch-Prüfung!

Hallo, meine Leser, schön, dass wir uns hier wieder treffen. Meine letzte Prüfung ist schon ziemlich lange her. Im Jahr 2003, um genau zu sein. Da saß ich im Theatersaal der Uni in Hildesheim und versuchte meine Prüfer davon zu überzeugen, dass ich irgendetwas im Studium gelernt hatte. Das klappte, auch wenn mein Theaterprofessor fast tot vom Stuhl kippte, als ich den Begriff “Katharsis” falsch erklärte.

Kann ja mal passieren.

Nach 13 Jahren Prüfungsleere stehe ich also am Mittwoch letzter Woche pünktlich um 7.45 Uhr in der Rosenhoffschule in Oslo und bin genauso nervös wie 2003. So ein Blödsinn, denke ich, was soll denn das? Um mich herum sitzen und stehen andere Prüflinge, viele Araber und Polen, Inder und Afrikaner und alle wirken ganz ruhig. Nur mir gegenüber sitzt eine junge Frau mit den schwärzesten Haaren, die ich jemals gesehen habe und kriecht fast in ihre Vokalbelliste. Die Frau behalte ich im Auge. Sie beruhigt mich irgendwie.

8 Uhr. Wir warten immer noch. Zwei junge Typen hechten aufgeregt und ganz unnorwegisch zwischen den beiden Prüfungsräumen hin und her. Na, die helfen meiner Aufregung auch nicht. Dann atme ich jetzt eben. Ein und aus, ganz ruhig. Ich will nur Level B1, wie schwierig kann das sein?

“Naja, du willst eigentlich schon B2.”

“Schnauze, atmen.”

Mein Gewissen fliegt kurz raus und im selben Moment öffnen sich die Türen und wir strömen in den Prüfungsraum, wo zahlreiche Computerbildschirme auf ihre Benutzer warten. Ich sitze bald neben einer Mutter aus Guinea, die seit vier Jahren in Norwegen ist und auch ganz ruhig wirkt. Unsere drei Bewacher…Helfer…Prüfer…erklären uns die Prozedur, wir geben Handys, Jacken und Taschen ab, unterschreiben und kaufen damit wahrscheinlich einen Staubsauger, aber das wäre mir auch egal, ich mache, was die sagen!

Um 8.15 startet die Leseprüfung. Ich werde ruhiger – das hier kann ich. Die schriftliche Prüfung besteht aus drei Teilen: Lesen, Hören, Schreiben. Lesen mag ich, die Texte sind gut zu verstehen, ich hänge bei den Begriffen “vedlikehold” und “by på noe”, baue mir einen Sinn zusammen und habe, wie ich nach der Prüfung sehe, Recht damit. Puuh. Früher als die anderen bin ich fertig, gehe aufs Klo (begleitet von einer Prüferin), setze mich dann zurück an meinen Platz und warte.

Nächster Teil: Mein Hörverständnis wird getestet. Die Art der Übungen kenne ich von norsklab.no oder von voxdemo, das macht es einfacher. Allerdings rutschen die Kopfhörer. Ich hasse Kopfhörer, hatte nie einen Walkman, Discman, ipod oder ähnliches und das rächt sich anscheinend jetzt. Ich fluche und klemme die störrischen Dinger zwischen Schulter und Ohr und lausche. Dieser Test läuft anders als die Leseprüfung: Beantwortet man hier die Fragen richtig, geht der Test immer weiter und weiter und weiter. Beantwortet man eine oder mehrere (da bin ich jetzt unsicher) Fragen aber falsch, stoppt der Test und der Prüfling ist fertig. Wie gesagt, Lesen und Hören kann ich gut, mein passiver Wortschatz ist groß, ich bleibe also sitzen, während um mich herum immer mehr Leute aufstehen und in die Pause gehen.

Und nun, liebe Rosenhoff-Schule, ein Vorschlag für kommende Prüfungen: Niemand darf den Raum verlassen, bis ALLE fertig sind. Weil – es stört gewaltig, wenn Stühle knarren und Schritte klappern und Daunenjacken rascheln, während man versucht, den norwegischen Text zu verstehen, der aus dem rutschenden Kopfhörer kommt. Ich musste am Ende der Leseprobe auch 15 Minuten warten bis alle fertig waren, das ist kein großer Deal.

Die letzte Höraufgabe habe ich also, pardon my language, verkackt, weil so viel Trubel war.

Und das hat mich echt genervt.

Man kann den Test nämlich auch nicht stoppen und warten, bis Ruhe einkehrt. Nee, nee, der läuft automatisch durch. Oder stoppt eben.

Gut, ist ja nicht so tragisch.

„Hehe, du hast dich so geärgert!“

„Quatsch, so schlimm fand ich das nicht!“

„Hahahahahahaha, doooooooch!“

„Ich habe heute schon zugegeben, dass ich eine Rampensau bin, reicht das nicht?“

„Hahahahahaha!“

Weiter im Text.

Nach der Pause dann mein Horrorteil. Schreiben. 90 Minuten habe ich Zeit für zwei Aufgaben: Zuerst soll ich mich bei der Stadt beschweren, dass sie in meiner Nachbarschaft ein Parkhaus bauen wollen (mindestens 80 Wörter). Danach habe ich die Wahl, 250-350 Wörter über ein Werbeverbot für forbrukslån (Kredit ohne Sicherheiten) zu schreiben oder über das Zulassen von technischen Hilfsmitteln bei der Norwegischprüfung.

Hallo? Ich hätte gerne neue Themen! Die hier finde ich langweilig, ätzend, menno.

Um mich rum hauen schon alle in die Tasten.

Ich habe es geahnt, Schreiben wird mein Norwegischprüfungswaterloo. Ok, jetzt geht es los. Konzentration auf ein Parkhaus. Blick auf die Tastatur.

Die hätten sie auch mal putzen können.

Ach guck, hier sind die norwegischen Extrabuchstaben schon direkt auf der Tastatur.

Ich habe Hunger.

Oh guck, ein Vogel!

Ich muss mal.

Mist, ich muss Gummistiefel kaufen.

ULRIKE! LOS JETZT! PARKHAUS!

Ich habe einen echten Black out. Mein Kopf weigert sich, meine Hände streiken und ich gerate in eine gepflegte Panik.

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Um mich herum rege Aktivität. Noch 80 Minuten. In meiner gepflegten Panik greife ich zu einem Trick, den ich beim fantastischen Hanns-Josef Ortheil im Seminar Kreatives Schreiben gelernt habe: Bei Schreibblockaden tief durchatmen und dann einfach lostippen. Nicht über die Struktur nachdenken, einfach ab auf die Tasten/an die Stifte und los. Nach 5 Minuten aufhören und gucken, was passiert ist.

Tja und das mache ich dann.

Und es funktioniert.Wie immer.

Die Stadt bekommt eine Beschwerdeemail von mir zu ihrem Plan, ein Parkhaus in meiner Nachbarschaft zu bauen. Ich muss den Text sogar kürzen! Das Tolle an der Kamikaze-5-Minuten-Schreibmethode ist, dass man erstens am Ende einen langen Text hat, mit dem man arbeiten kann und zweitens ganz oft während des Schreibens Strukturen und Ideen auftauchen – man also quasi während des Schreibens den Text entwickelt.

Beflügelt von diesem ersten Schreiberfolg stürze ich mich auf die zweite Aufgabe. Ich entscheide mich für das Werbeverbot und den Kredit ohne Sicherheiten. Läuft auch ganz gut. Hinterher stelle ich leider fest, dass ich den Text NUR auf TV-Werbung bezogen habe, dabei ging es in der Frage um Werbung im Allgemeinen. Außerdem habe ich mich bei der 50-50 Chance, ob das Wort lån einen männlichen oder sachlichen Artikel hat, falsch entschieden und weiß nun, bis in alle Ewigkeit, dass es et lån heißt, nicht en lån – auch wenn ich finde, dass sich en lån besser liest.

Naja.

Die Zeit ist knapp, sehr sehr knapp – kaum habe ich den Text einmal grob Korrektur gelesen, heißt es: “Noch fünf Minuten.”

Und dann ist die schriftliche Prüfung vorbei.

Puuh.

Alle einmal ausatmen, bitte. Wir sammeln unsere Handys, Jacken und Taschen ein und gehen. Die Frau mit den schwärzesten Haaren der Welt kramt ihre Vokabelliste aus der Jackentasche und wirft sie schwungvoll in den Papierkorb.

Wir lachen uns an.

***

So, meine lieben Leser, das war es für heute. Über die mündliche Prüfung erzähle ich nächste Woche, ich muss nämlich heute noch backen und putzen und raus will ich auch, weil das Wetter gerade schön ist! Ich wünsche uns allen eine tolle Woche, einen schönen dritten Advent. Bleibt, wie Ihr seid!

An dieser Stelle ein dickes Danke an unsere Freunde Jeanette und Stephan, die sich an den Prüfungstagen (an denen Martin in Moskau war) um Gesa gekümmert haben! Danke fürs Bespaßen, zum Kindergarten bringen, vom Kindergarten holen und Spielen. Ihr seid die Besten.

Und nun geht alle raus und genießt die Sonne!

Ha det,

ullinachpruefung

Ulrike

 

Norwegische Adventsstimmung ODER På låven sitter nissen….

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Hallo, meine lieben Leser, heute nur ein winzigkleiner Blog. Warum? Erstens will ich Martin gleich vom Flughafen abholen, er war eine Woche in Moskau und ich freu mich sehr, dass er wieder nach Hause kommt – und zweitens ist morgen Adventsingen in der Deutschen Gemeinde und ich muss noch viel vorbereiten. Entschuldigt also, und ich verspreche, dass es ab nächster Woche besser wird!

Damit Ihr aber nicht ganz ohne norwegischen Einfluß in den zweiten Advent gehen müsst, kommen hier zwei der beliebtesten und bekanntesten norwegischen Weihnachtslieder für Groß und Klein: „Musevisa“ von Alf Prøysen und „På låven sitter nissen“ von Margrethe Munthe. Ihr werdet ganz erstaunt sein, hört Ihr das letzte Lied, denn die Melodie kennen wir von dem Lied „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“!

Worum es im ersten Lied geht, könnt Ihr im Video, glaube ich, gut verstehen. Im Lied „På låven sitter nissen“ wird erzählt, wie der Weihnachtsgnom in der Scheune in Ruhe seine Grießbrei essen will, aber dauernd von aufdringlichen Ratten gestört wird. Dann schwingt er seinen großen Löffel und will sie vertreiben. Die Ratten tanzen lustig um ihn herum. Da springt der Gnom auf und droht damit, die Katze zu holen – und schwupps, sind die Ratten weg. Gesungen wird das Lied im Video von Fantorangen, einem der Helden aus dem norwegischen Kinderfernsehen!

Habt ganz viel Spaß beim Hören und Mitsingen (?), ich hoffe, Ihr könnt die Videos öffnen!

TEXT Musevisa:

Når nettene blir lange og kulda setter inn
så sier vesle musemor til ungeflokken sin:
Hvis ingen går i fella, men passer seg for den,
skal alle sammen snart få feire jul igjen!
ref: Heisan og Hopsan og fallerallera!
Om julekvelden da skal alle sammen være gla!
Heisan og Hopsan og fallerallera!
Om julekvelden da skal alle sammen være glad

 

Ja musemor er flittig, hun tar et stykke kull
og sverter tak og vegger i sitt lille musehull,
mens barna feier golvet og danser som en vind
og soper borti krokene med halen sin.
ref.

Omsider kommer kvelden som alle venter på
og musefar han trekker fram en støvel uten tå,
den pynter de med spindelvev og småspiker og sånn,
og så putter de en flaskekork i hempa på’n
ref.

Og musefaren sier, nå skal vi danne ring,
la støvlen stå i midten så går vi rundt omkring.
Vi gir hverandre halen som vi kan leie i,
og en og to og tre, og så begynner vi!
ref.

 

Og julematen deres, det er ei lita nøtt,
og så et stykke dropspapir for dem som liker søtt.
Og musemor har stillet opp en fleskebit på skrå,
og den får alle sammen lov å lukte på.
ref.

Ja musebestemora er også kommet inn,
nå sitter hun og koser seg i gyngestolen sin.
Det æ’kke orntli gyngestol, d’er no‘ som alle vet,
hun sitter der og gynger på en stor potet.
ref.

Så hopper de, så danser de, så traller de en stund
til musefaren sier:“Det er best vi tar en blund.“
Og ungene de legger seg, mens pappa holder vakt,
men selv i søvne traller de i hopsatakt:
ref.

Og bestemora gjesper, og sier slik som så:
„D’er morosamt med jula for dessa som er små,
(og) hvis ingen går i fella, men passer seg for den,
skal alle sammen snart få feire jul igjen!“
ref.

På låven sitter nissen

 

Julesanger.no

 

På låven sitter nissen med sin julegrøt,

så god og søt,

så god og søt.

Han nikker, og han spiser,

og han er så glad,

for julegrøten vil han gjerne ha.

 

Men rundt omkring står alle de små rotter,

og de skotter,

og de skotter.

De vil så gjerne ha litt julegodter,

og de danser, danser rundt i ring.

 

Men nissefar han truer med sin store skje

Nei, bare se,

og kom avsted.

For grøten min vil jeg få lov å ha i fred,

og ingen, ingen vil jeg dele med.

 

Men rottene de hopper, og de danser,

og de svinser, og de svanser.

De klorer etter grøten og de stanser,

og de står om nissen tett i ring.

 

Men nissen, ja han er en liten hissigpropp,

og med sin kropp,

han gjør et hopp.

Jeg henter katten hvis dere ikke holder opp

Når katten kommer, skal det nok bli stopp.

 

Da springer alle rottene så bange,

å, så bange, å, så bange,

og de vender seg og danser noen ganger,

og på en-to-tre så er de vekk.

***

So, ich wünsche uns allen einen schönen zweiten Advent, bleibt entspannt, singt und tanzt und vergnügt Euch! Das kann ich jetzt auch wieder: Meine Prüfung ist vorbei, danke für alle Daumen! Es lief gut, fand ich, und die Ergebnisse kommen im Januar

🙂

Viele Grüße an Euch alle,

ha det,

Ulrike

ullinachpruefung

(Gestern vor der Rosenhoff Schule, ca 10 Min nach der mündlichen Prüfung, Text: „Puuuuuuuuuh!“)

Der Umgekehrte Adventskalender ODER „Jetzt nervt sie aber rum…“

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jula.no

Ich liebe Adventskalender! Jeden Tag nähert man sich mit einer kleinen Überraschung Weihnachten. Am 24. Dezember ist der Kalender leer und das große Fest beginnt. Für viele. Aber nicht für alle. Und deshalb habe ich dieses Jahr zwar einen Adventskalender mit Schokolade – aber auch einen ganz anderen.

Hallo, meine lieben Leser, keine Angst, ich verfalle jetzt nicht in weihnachtliche Sozialkritik und habe auch nicht im Sinn, Euch die Adventszeit madig zu machen. Ganz im Gegenteil: Schöner will ich sie machen!! – Seit einigen Jahren kursiert im Netz die Idee des “Umgekehrten Adventskalenders”. Umgekehrt deshalb, weil…..naaaaaaa???????

Na, los, mitdenken!

Jaaa, auch du da, die gemütlich auf dem Sofa liegt und am Lebkuchen knabbert!

Also?

“Det is ja wie inner Schule hier!”

“What the heck is wrong with her today, are we at a bootcamp or what?!”

„Das ist das Norwegischlernen, das bekommt ihr nicht!“

„Je crois, que…“

„Shut it, frog-leg.“

“Skjønner ingenting, hva vil hun???”

“Streber!”

Ruhe.

Also: Der Umgekehrte Adventskalender heißt so, logisch, weil man nicht jeden Tag etwas herausnimmt, sondern jeden Tag im Dezember etwas hineinlegt. Ganz simpel. Das kann Spielzeug sein, ein schönes Bild, eine Konservendose, eine CD, eine Packung Kekse, eine selbstgeschriebene Geschichte oder oder oder. Am 24. Dezember wird der gefüllte Adventskalender dann gespendet: An ein Armenhaus, ein Flüchtlingsheim oder an den Obdachlosen, der jeden Tag an der selben Stelle in der Stadt sitzt.  Na, das hört sich doch ganz gut an. Wer ist dabei?

Ich, ich, ich, höre ich einige rufen!! Ok, dann hier die unglaublich komplizierte Anleitung:

Was brauchen wir für diesen Umgekehrten Adventskalender?

  1. Eine Idee, an wen wir spenden wollen. Sucht im Internet nach Organisationen wie Die Tafel, Adressen von Flüchtlingsheimen oder Kirchengemeinden, die Essensausgaben anbieten und klärt dort ab, ob und was gebraucht wird. Es wäre ja doof, wenn Ihr mit Eurem Kalender ankommt und müsst ihn dann wieder mitnehmen. Sobald Ihr wisst, an wen Ihr spenden wollt, wisst Ihr auch, was in Euren Kalender kommen wird. Ich, beispielsweise, möchte unseren Umgekehrten Adventskalender an das Armenhaus in Oslo spenden. Dort wird Essen benötigt. Mein umgekehrter Adventskalender wird also aus Essen bestehen.
  2. Einen Behälter für den Adventskalender: Das kann ein Pappkarton sein, in dem 24 Fächer abgeteilt sind, ein großer Korb mit hübschem Stoff, eine Stofftasche…Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Falls Ihr den Adventskalender als Familienprojekt macht, lasst die Kinder den Karton/Korb verzieren, dann macht es noch mehr Spaß, jeden Tag etwas hineinzulegen!

https://connect.secure.media.ipcdigital.co.uk/111/000015eb3/2472/reverse-advent-calaendar.jpg

3. Ab dem 1. Dezember wird der Kalender gefüllt: Entweder mit Dingen, die Ihr Zuhause habt oder geht gemeinsam einkaufen und legt das Gekaufte dann hinein. An jedem Tag darf ein anderes Familienmitglied entscheiden, was hineingelegt wird. Für alle, die den Kalender alleine machen: Wow, Ihr dürft JEDEN Tag entscheiden!

4. Am 24. Dezember nehmt Ihr den gefüllten Korb oä und bringt ihn denjenigen, die ihn brauchen. Statt also hektisch die letzten Vorbereitungen für Heilig Abend zu treffen oder sich in ein Café zu setzen und die Bescherung abzuwarten, macht Ihr Euch auf den Weg und spendet ein bisschen Freude.

Denn, und nun kommt der kitschige, aber wahre Teil, genau darum geht es doch zu Weihnachten, oder?  Wir wollen Freude geben. Aber wer hat die Freude am allerallerallermeisten nötig: Das in Liebe, Sicherheit und Spielzeug gehüllte Kind? Der gesunde, finanziell abgesicherte, nie hungernde Freund?

Die Antwort ist wie jedes Jahr dieselbe und natürlich schenken wir dem spielzeugbeladenen Kind noch mehr Spielzeug und dem nie hungernden Freund noch ein Buch und das ist ja schließlich ganz normal und überhaupt, was spielst du dich hier als Gewissensforscher auf, und das stimmt, was denke ich eigentlich, wer ich bin, aber ist doch schließlich wahr und wenn nur 1 von 5 Lesern einen umgekehrten Adventskalender macht, dann fände ich das den Hit und würde mich freuen und damit wäre meine Adventszeit 2016 schon mal gerettet und  die anderen vier Leser, die das vielleicht sentimentalen Kitsch finden und sich nicht um andere kümmern, weil sie meinen, dass sie selber eh schon genug Probleme haben, die müssen das natürlich selber wissen und die würde ich nur einmal kurz fragen: Ehrlich?

“Sag mal, heißt der Blog seit heute Neues aus Besserwisserland? Neues aus meinem Gewissen?”

“No, but could well be….jeeeeeeez.”

“Kein Wort über Norwegen heute!”

Ups, stimmt.

DOCH! Ich habe geschrieben, dass mein Umgekehrter Adventskalender an das Armenhaus in Oslo gehen wird! Damit wisst Ihr jetzt, dass es ein Armenhaus in Oslo gibt. Und fragt Euch vielleicht: Wie kann es in diesem angeblich so reichen Norwegen möglich sein, dass jeden Freitag 500-600 Menschen um warmes Essen bitten? Ja, das frag ich mich auch.

***

So, meine lieben Leser, das war es für heute. Ich wünsche uns allen eine schöne, besinnliche, fröhliche Adventszeit. An alle Osloaner: Am 3.12. ist ab 17 Uhr Adventssingen in der Deutschen Gemeinde. Mich könnt Ihr dort treffen und wem das nicht reicht: Erik Gøthesen spielt Klavier und gemeinsam lesen wir deutsche und norwegische Weihnachtsgeschichten und singen deutsche und norwegische Weihnachtslieder. Es gibt Punsch und Lebkuchen und alle sind Willkommen!!!!

Macht es gut, liebe Leser, bis nächste Woche,

ha det bra,

Ulrike

Willkommen in meinem Sprachzentrum! ODER „Was will DIE denn hier?“

Betyr, betydde, har betyddet…neiiiiin…har betYDD! Ligger, la, nein, lå, har ligget…Ingen drømmer om Oslo…Aftenposten…Norsklab lytte, øve 3…bør Norge tillate oljeboring utenfor Lofoten? Alle sammen: Ja, vi elsker dette landet!

Hallo, meine lieben Leser, ich hoffe, mein Deutsch reicht noch aus für diesen Blog! Momentan ist mein Hirn gefüllt mit norwegischen Texten, Verben, Adjektiven, Themen und Kinderliedern und langsam frage ich mich, wie Deutsch sich da oben noch verteidigen kann. Meine arme Muttersprache: Seit über 40 Jahren ist sie zwar Chefin im Sprachzentrum, muss aber permanent Besitzansprüche ausländischer Eindringlinge abwehren. Nach zähem, jahrelangem Kampf hat Englisch einen dauerhaften Platz erobert and nowadays is my brain able to switch zwischen these beiden languages ohne große problems. Für einige Jahre versuchte Französisch eine Teil des Zentrums zu besetzen, aber die beiden Germanen verbündeten sich gegen die Romanische, knebelten die Schöne und schubsten sie, zack, in eine dunkle Ecke.

Als Norwegisch um die Ecke kam, lehnten sich Deutsch und Englisch daher gemütlich auf ihren Hirnwindungen zurück und beachteten den Neueindringling kaum:

“Da ist ne Neue.”

“Yeah, well, whatever.”

“Hört sich lustig an.”

“Sounds like your sister or nephew. Cousin maybe.”

“C’est norvegienne!”

“Halt die Klappe, Französisch, wer hat dich denn gefragt?”

“Mais…”

“Shut it, frog leg!”

“God morgen! Hvordan går det med dere?”

“—?”

“Raus!”

Aber das Norwegisch ist zäh. Und ich bin auch zäh. Gemeinsam arbeiten wir an ihrem angemessenen Platz im Sprachzentrum. Deutsch zickt zwar rum und Englisch lacht höhnisch, aber nach und nach sehen sie ein, dass die Neue bleiben wird. Und die ist auch ganz schön frech und kickt einfach mal ein englisches oder deutsches Wort aus dem Alltagssprachgebrauch. Statt “busy” bin ich plötzlich “travelt” und schmiere mir “leverpostei” statt “Leberwurst” aufs Brot.

Wie ich in einer neuen Wohnung scheint sich die Neue im Sprachzentrum gemütlich einzurichten: Hier ein paar moderne Adjektive, dort ein buntes Kinderlied, hier vorne ein norwegisches Sprichwort und wenn das Deutsch weiter rummeckert, bekommt es einen gepfefferten Fluch aus Nord-Norwegen um die Buchstaben geknallt. Gemeinsam entdecken wir norwegische Autoren (gerade: Ola Jostein Jørgensen “Ingen drømmer om Oslo”) und norwegische TV-Serien (zum Brüllen: “Side ved side” auf NRK).

Englisch wird manchmal eifersüchtig, fürchtet es doch, and not without reason, um seine dauerhafte Stellung. Aber, no worries, friend, ich spreche viel zu gern Englisch, als dass ich dich vergessen würde. Deutsch ist sich ihrer Sache sicher, zuckt nur manchmal zusammen, wenn ich mit Gesa Norwegisch spreche. Aber keine Angst, Muttersprache, von dir trenne ich mich ganz bestimmt nicht! (Jetzt, hier beim Schreiben ist sie natürlich wieder total obenauf…ich könnte allerdings…hva tenker du: Skal jeg skrive bloggen på Norsk? Or should I maybe write in english?…hihihihi, ich merke direkt, wie Deutsch zittert!!!)

Ihr seht also, in meinem Kopf ist ganz schön was los und ich bin gespannt, wie die drei sich da oben arrangieren werden, ob Französisch sich mal wieder aus der Ecke traut und ob ich nächstes Jahr vielleicht noch eine andere Sprache…

“NEIN!”

“NO!”

“NON!”

“NEI!”

…anscheinend nicht.

***

So, das war es schon für heute, liebe Leser! Ich werde zurückkehren zu meinen Aufgaben; noch zwei Wochen bis zur Prüfung, mal sehen, wie es läuft. Das Ergebnis bekomme ich erst im Januar, aber ich bin mal ganz optimistisch und drücke an dieser Stelle auch allen Mitprüflingen ganz fest die Daumen!

Morgen gibt es erstmal etwas Abwechslung: Die deutsche Gemeinde veranstaltet Samstag und Sonntag von 11/12h – 16h den jährlichen Christkindlesmarkt. Stollen, Silberschmuck, selbstgestrickte Handschuhe und viele andere Dinge werden angeboten, dazu gibt es ein riesiges Kuchenbüffet und im Keller von 13-15h die Lebkuchenwerkstatt für Kleine und Große!! Kommt zahlreich! Meine wöchentlichen Grüße gehen dieses Mal an das tolle Team hinter dem Christkindlesmarkt, die Jahr für Jahr mit viel Energie, guter Laune und Leidenschaft den Markt organisieren und durchführen. Diese Woche also die dicksten Grüße an Christel, Gisela, Edith, Angelika, Gabriele und Kerstin und an alle freiwilligen Helfer. Ihr seid super!

Uns allen wünsche ich eine tolle Woche, meine Mutter ist noch bis Dienstag da, das ist so schön! Sammelt Eure Lieben mal um Euch und genießt die düstere Novemberzeit gemeinsam mit vielen Kerzen, viel Schokolade und viel Lachen!

Ha det,

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Ulrike

Mein kunterbunter Norwegen-Mix ODER “Hodet, skulder, kne og tå, kne og tå!”

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eirinf21.files.wordpress.com

Ich habe Muskelkater. Aber wie. Jetzt könnte ich behaupten (und dabei ganz bescheiden gucken), es käme vom letzten 15-Kilometer-Lauf. Natürlich bergauf. Oder vom letzten Quadrathlon. Vom Karate. Vom Gewichtheben.

Kommt es aber nicht.

Ich habe Muskelkater vom Singen.

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen. Heute zu meinem kunterbunten Norwegen-Mix, meinem norwegischen Studentenfutter. Seit Montag letzter Woche hat Gesa ein neues Lieblingslied. Das ist prima, das unterstützen wir, da singen wir mit. Mit dem Singen ist es bei “Hodet, skulder, kne og tå” aber nicht getan, oh nein! Die angesprochenen Körperteile (Kopf, Schulter, Knie und Zeh) müssen natürlich auch berührt werden – und zwar immer schneller und schneller und schneller bis der Mittvierzigerrücken knackt und sich der Rest der Körpers fragt, was der Mist eigentlich soll. Waren wir nicht durch mit Sport?

Für alle, die mitsingen möchten, tobt Euch gerne hier aus.

Ausgetobt hätte sich auch Therese Johaug gern. Und zwar am liebsten ihrem Teamarzt gegenüber. Die norwegische Star-Athletin überraschte/schockierte die Norweger nämlich letzte Woche mit einem positiven Doping-Test. Eine verbrannte Lippe forderte im italienischen Trainingslager medizinische Behandlung und Teamarzt (nein, EX-Teamarzt) Fredrik Bendiksen kaufte ein rezeptfreies Medikament in der örtlichen Apotheke. War es auch frei käuflich, enthielt es doch trotzdem den verbotenen Wirkstoff Clostebol. Weder Arzt noch Sportlerin hatten anscheinend den Beipackzettel gelesen. * Es ist alles etwas verwirrend, es gibt viele Fragen, vielen erscheint die von Johaug gegebene Erklärung, wie der Stoff in ihren Körper gekommen sei, zu unglaubwürdig. Fredrik Bendiksen ist mittlerweile zurückgetreten, Johaug für zwei Monate gesperrt und es gibt Stimmen, die fragen: Was, wenn das alles nur ein Ablenkungsmanöver war, um bewusstes Doping zu vertuschen? Besonders, nachdem vor wenigen Monaten auch der Langlaufstar Martin Johnsrud Sundby nach einer extrem erfolgreichen Saison Dopingprobleme hatte, aber immer wieder seine Unschuld beteuerte. Man möchte ihnen wirklich gerne glauben: Aber ein schaler Beigeschmack bleibt.

Ganz schal wird mir auch beim Gedanken an meine Norwegischprüfung. Die soll Ende November stattfinden. Hilfe! Gleich am ersten möglichen Anmeldetag, Punkt 9 Uhr, saß ich am Computer. Nur zweimal im Jahr finden diese Prüfungen statt, anmelden kann man sich genau eine Woche lang, danach: Pech gehabt. 1870,- Kronen kostet mich der Spaß und jetzt sitze also am Schreibtisch und lerne und lerne und lerne. Rede mit jedem, der nicht schnell genug auf dem Baum ist und quäle Freunde mit meinen norwegischen Texten, die die Armen dann Korrektur lesen müssen. * Es gibt im Internet einige sehr gute Übungsseiten, für norsklab muss man 90,- NOK bezahlen, sie ist aber jede Krone wert, beim Cappelen Verlag sind die Arbeitsaufgaben umsonst (allerdings richten sie sich nach den jeweiligen Arbeitsbüchern, wenn man die nicht hat, ist es etwass komplizierter zu folgen, klappt aber auch, finde ich). Möglichkeiten zum Sprachtraining finden sich im Goethe-Institut, bei den Jungen Erwachsenen der Deutsch-Norwegischen Gesellschaft und natürlich überall im Alltag. Und nachdem Gesa jetzt schon zwei norwegische Wörter spricht und, zu unserer Überraschung, SEHR viel mehr versteht, wird es auch Zeit, dass ich loslege: Nicht, dass sie bald besser Norwegisch spricht als ich!

Zum Abschluss dieses Norwegen-Mixes noch ein Buchtipp: “Kon-Tiki. Ein Floß treibt über den Pazifik” von Thor Heyerdahl. Ich bin kein Fan von testosterongetränkten Abenteuergeschichten, aber diese hier hat mich gepackt. Die Geschichte der unglaublichen Fahrt auf einem selbstgebauten Floß, die Heyerdahl 1947 unternimmt, um zu beweisen, dass es den Ureinwohnern Südamerikas technisch möglich gewesen wäre, Polynesien zu besiedeln, ist spannend und lustig und dramatisch und menschlich. Und dabei bin ich erst auf Seite 47! * Besucht hier in Oslo unbedingt das Kon-Tiki Museum, in dem das Floß ausgestellt ist. Viel erfährt man in diesem interessanten Museum auch über die polynesische Geografie und Kultur. (Blogleserin Andrea Fuchs, die seit Jahren samt Segelboot und Mann über die Weltmeere fährt, war übrigens gerade auf den Osterinseln und hat mir eine Postkarte von dort versprochen! Toll, oder?)

So, meine Lieben, das war ein kunterbunter Mix aus….hodet, skulder….pscht…Mix aus interessanten und vielleicht nicht interessanten….kne og….AUF JEDEN FALL WAR ES EINE GUTE ABLENKUNG GEGEN…Hodet, skulder, kne og tå, kne og tå, hodet skulder, kne og tå, kne og tå….das verfluchte schöne Lied sitzt mir im Ohr!!!! Da hilft nur ein Kaffee und ein Keks und dann weiter Norwegisch lernen!

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Das war es für heute, meine lieben Leser! Gestern habe ich im Radio noch einen Beitrag über “typisch norwegische” Begriffe gehört. Und habe mal ein paar für Euch ausgesucht. Vielleicht habt Ihr ja Lust ein bisschen zu raten, was sie bedeuten könnten. Klar könntet Ihr das auch googeln, aber erstmal raten!!!! Hier kommen also: Utepils, matpakke, dugnad, harry, bunad, russebuss, koselig, skibinding und oppholdsvær. (Ein paar kennt Ihr bestimmt schon Dank des Blogs, naja und für Leser hier in Norwegen oder Ex-Norwegen-Bewohner ist es einfach. IHR könntet ja vielleicht die Liste ergänzen!!)

Uns allen wünsche ich eine tolle Woche, bleibt oder werdet gesund, lacht viel und macht Euch das Leben kunterbunt! Die Tage werden kürzer, drinnen ist es warm und gemütlich, wir kuscheln uns aufs Sofa und gucken die Sendung mit der Maus! An das tolle Team des WDR gehen heute auch meine wöchentlichen Grüße: Ihr seid die Besten und ohne Armin, Christoph, die Maus und den Elefanten wäre unser Sonntag nicht komplett!

Macht es gut, liebe Leser und bis nächsten Freitag,

Ha det,

mausgesaich

Ulrike

Knockout nach 35 Jahren! ODER Die First Lady kommt nach Hause.

0404453001461689287_filepicker“Ach echt, die amtierende Boxweltmeisterin kommt aus Norwegen?” Ich gucke meinen Gesprächspartner bei der Weihnachtsfeier in der Deutschen Gemeinde 2013 interessiert an. “Hast du sie schon mal hier in Norwegen boxen sehen?” – “Nein, natürlich nicht!” lautet seine Antwort. “Da würden wir uns ja alle strafbar machen.”

Hallo, meine lieben Leser, wie schön, dass wir uns hier wieder treffen. Profiboxen war tatsächlich in Norwegen verboten. “Unakzeptabel” erschien in den 80er Jahren der Gedanke, dass Sportveranstalter mit einem lebensgefährdenen Sport Geld machen könnten. 1981 stimmte das Parlament für ein Verbot des Profi-Boxsports in Norwegen. Im selben Jahr entstand auch das sogenannte “Knockout-Gesetz”: Organisierte Wettbewerbe oder Trainingskämpfe von Sportarten wie Boxen oder Taekwondo, in denen ein Knockout den Kampf entscheiden kann, wurden vom Parlament in Oslo verboten.

Im selben Jahr, 1981, kommt in Kolumbien ein Mädchen zur Welt. Sie verbringt die ersten zwei Jahre ihres Lebens in einem Waisenhaus, bevor ein Sozialarbeiter und seine Frau das kleine Mädchen adoptieren. Ab da heißt die Kleine Cecilia Brækhus, wächst in Bergen auf und wird eines Tages von ihren Eltern beim Boxtraining erwischt. Trotz Verbots hatte sich die mittlerweile 13jährige aus dem Fenster und in den Ring des Trainingszentrums darunter geschlichen. Die Eltern geben nach. Die talentierte Jungboxerin gewinnt in den nächsten Jahren 75 ihrer 80 Amateurkämpfe, wird 2005 Europameisterin und will, logisch, professionelle Boxerin werden. Doch Brækhus hat ein Problem: In Norwegen ist nur Amateurboxen erlaubt. Ein deutscher Boxpromoter wird schließlich auf Cecilia aufmerksam und nimmt sie unter Vertrag. Er verspricht, seine “First Lady” zur ersten norwegischen Boxweltmeisterin zu machen.

In Norwegen hat man sich in der Zwischenzeit irgendwie mit dem Knockoutgesetz und dem professionellen Boxverbot arrangiert. Immerhin ist das Amateurboxen erlaubt, allerdings agieren die Boxer hier mit Helm, besser gepolsterten Handschuhen und die Kämpfe sind auf drei Runden begrenzt. Das norwegische Gesundheitsministerium unterstützt weiterhin das Verbot und argumentiert, dass im Fussball beispielsweise Fouls geahndet würden, während das Verletzen des Gegners beim Boxen belohnt würde. Die Gesundheit zu schützen sei aber das oberste Ziel und Boxen damit, in meinem O-Ton, “raus”.

2013 wählt Norwegen sich dann eine neue Regierung. Da ist Cecilia schon seit 4 Jahren Weltmeisterin. Ihre Landleute konnten die sportliche Karriere entweder nur durch Reisen ins Ausland oder am heimatlichen Fernseher verfolgen (ja, Kämpfe werden im norwegischen TV übertragen, etwas unlogisch, oder?). Auf norwegischem Boden konnte die “First Lady” ihr Können aber nicht zeigen. Doch Erna Solberg, neue Staatsministerin Norwegens, hat sich das Wort Freiheit auf ihre politische Flagge geschrieben und zu dieser geplanten Befreiung des norwegischen Volks von konservativen Fesseln gehört für sie, das über 30 Jahre alte Profi-Box-Verbot aufzuheben.

Am 16. Dezember 2014, knapp ein Jahr nach Regierungsübernahme, ist es soweit: Mit 54 zu 48 Stimmen hebt die blau-blaue Regierung, mithilfe einiger Oppositionsstimmen, das Gesetz auf. Und diese historische Entscheidung der schwergewichtigen Regierung soll gebührend gefeiert werden: Am 1. Oktober 2016 findet in Oslo der Boxkampf zwischen Cecilia Brækhus und der Französin Anne Sophie Mathis statt. 10.000 Zuschauer vor Ort und knapp eine Million vor den Fernsehschirmen feiern das “Homecoming” der “First Lady”. (Ich frage mich: Wäre das Gesetz aufgehoben worden, wenn eine Französin/Amerikanerin/Deutsche/etc Weltmeisterin gewesen wäre?)

Während der norwegische Rapper OnkLP das eh schon angeheizte Publikum noch mehr anheizt, macht sich eine hochkonzentrierte Brækhus auf den Weg zum Ring. Boxen ist ein Show-Sport, lerne ich, bei dem Auftritt, Musik, Bodyguards, langbeinige Schönheiten und stimmgewaltige Ansager wie Michael Buffer wichtige Elemente sind. In der ersten Reihe ist ein Großteil der norwegischen Regierung vertreten: Staatsministerin Erna Solberg und Kultusministerin Linda Hofstad Helleland, die den Abend, der mit einer bewusstlosen Französin endet, später auf Facebook kommentiert als: “Det er helt magisk!”

Wahre Magie sei das Ganze. Naja.

Helleland musste natürlich vor Ort sein, denn Boxen unterliegt dem Kultusministerium (genauso wie die restlichen Sportarten, Glücksspiel und Religion). Die Stimmung war, wie gesagt, gut, Erna Solberg entließ zur Begrüßung die aufmunternden Worte: “Take it away!” und hätte bestimmt selber im Ring keine schlechte Figur gemacht.

Am 1. Oktober 2016 um 22 Uhr startete der erste Profiboxkampf auf norwegischem Boden nach 35 Jahren.

Er dauerte genau 3 Minuten und fünf Sekunden. Dann hing die Französin bewusstlos in den Seilen und eine jubelnde Norwegerin hüpfte Adrenalin-geladen durch den Ring. Unter dem Jubel auch von Vladimir Klitschko erhielt die “First Lady” ihre Trophäe aus den Händen Erna Solbergs, die den Kampf kommentierte mit: “Jeg synes egentlig det gikk litt for fort!“ Zu schnell sei es vorüber gewesen, fände sie.

Norwegen feierte. Ganz Norwegen? Nein. Schnell wird Kritik laut. Kritik an der Anwesenheit der Regierungsmitglieder, Kritik an der Aufhebung des Verbotes überhaupt, Kritik daran, dass während des Kampfes Alkohol verkauft wurde, Kritik daran, dass Kinder im Publikum waren. “Peinlich und tragisch” nennt Per Sigurd Sørensen, der frühere Bürgermeister von Stavanger, den Auftritt Erna Solbergs im Oslo Spektrum. Dass die Staatsministerin jubelt, wenn eine Sportlerin durch einen Schlag bewusstlos wird, sei einfach nur peinlich. Und in der Satiresendung “Nytt på nytt” fragt man sich: Für den Fall, dass diese Regierung nach Profiboxen nun Prostitution legalisiere – säße Erna Solberg dann auch in der ersten Reihe im Bordell und würde rufen: “Take it away!”?

Ich kann mir zu der ganzen Sache irgendwie keine rechte Meinung bilden. Den tatsächlichen dreiminütigen Boxkampf habe ich nicht geguckt, weil ich Blut nicht gut sehen kann. Die Faszination vieler für den Boxsport ist mir auch fremd. Dabei sind viele meiner Lieblingsautoren große Boxfans: Ernest Hemingway bespielsweise oder Bertolt Brecht. Und auch im Familienkreis war Boxen ein Thema:  Meine Oma Hertha, eine kleine Dame mit schönen Händen, stellte sich nachts den Wecker, um im Fernsehen Mohammed Ali live in den USA boxen zu sehen. Diese Gene habe ich wohl nicht geerbt. Naja, dafür gucke ich Tennis. Die Faszination verstehen viele auch nicht.

Was ich aber spannend finde, sind die Geschichten und Geschehnisse vor und nach diesem Kampf. Profi-Boxen ist seit 2014 übrigens nur noch in einem Land  der Erde verboten: In Nord-Korea. Macht mit dieser Info, die als letztes auf meinem Recherchezettel stand, was Ihr wollt. Ich gehe jetzt mal einen Tee kochen. Und lasse ihn 3 Minuten und 5 Sekunden ziehen. Und bin danach hoffentlich noch bei vollem Bewusstsein.

***

So, das war es für heute, meine lieben Leser! Meiner Oma hätte dieses Thema bestimmt gut gefallen und deswegen schicke ich heute Grüße und Küsse nach oben und stelle mir vor, wie meine Oma neben Max Schmeling und Muhammed Ali auf einer Wolke sitzt. Uns allen wünsche ich eine tolle Woche, kämpft für das, was Euch wichtig ist und lasst Euch weder von Eltern noch von Traditionen aufhalten. Hier in Oslo wird es kalt, aber auch gemütlich: Die Zeit ist da für Mariusgenser, farikål und warme Schokolade. Ich büffele weiterhin für mein Norwegisch-Examen und schreibe an der Reformations-Revue unserer Theatergruppe, die im nächsten Jahr sogar auf Tournee nach Göteborg gehen wird! Lasst es Euch gut gehen und kuschelt Euch warm ein!

Ha det,

omaundich

(Meine Oma Hertha und ich)

Ulrike